Was passiert, wenn der Energieanbieter insolvent ist?

Stand:
Mehrere Gas- und Stromanbieter sind in den vergangenen Jahren in die Insolvenz gegangen. Was in so einem Fall mit Ihrem Vertrag passiert und was Sie als Kunde beachten sollten, erfahren Sie hier.
Brief-Ärger

Das Wichtigste in Kürze:

  • Trotz Insolvenz werden Sie nicht plötzlich ohne Strom und/oder Gas dastehen.
  • Sie dürfen nicht mehr an den insolventen Gas- oder Stromanbieter zahlen. Sie zahlen nur an die Bankverbindung, die Ihnen der Insolvenzverwalter mitteilt. 
  • Sie können nicht automatisch kündigen, weil der Energielieferant insolvent ist. Ein Sonderkündigungsrecht haben Sie nach Auffassung der Verbraucherzentralen aber, wenn das Unternehmen dauerhaft keine Energie mehr liefern kann. 
  • Prüfen Sie ihre Schlussrechnung. Melden Sie ausstehendes Guthaben nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an.
On

Bekomme ich weiterhin Strom bzw. Gas?

Ein Strom- oder Gasanbieter beendet nicht automatisch die Belieferung, wenn er einen Insolvenzantrag stellt oder ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Ob die Belieferung fortgesetzt wird, entscheidet der (vorläufige) Insolvenzverwalter. Wird die Belieferung gestoppt, springt der örtliche Grundversorger mit der Strom- oder Gaslieferung in der sogenannten Ersatzversorgung ein. Es fließt also immer Energie.
 

Checkliste: Was tue ich, wenn ich von der Insolvenz erfahre?

  1. Einzugsermächtigung widerrufen bzw. Dauerauftrag bei Ihrer Bank kündigen.
  2. Die neue Bankverbindung beim (vorläufigen) Insolvenzverwalter in Erfahrung bringen, künftig dorthin zahlen.
  3. Wenn eine Jahresrechnung mit Guthaben aussteht: Prüfen, ob bereits mehr als sechs Wochen seit dem Ende des Abrechnungszeitraums vergangen sind. Dann können Sie Abschläge einbehalten (Lesen Sie dazu auch den Abschnitt unten "Kann ich Guthaben mit laufenden Abschlägen verrechnen?").

Ab Insolvenzeröffnung:

  1. Den Insolvenzverwalter zur Erklärung über die Erfüllung / Nichterfüllung auffordern.
  2. Den Zählerstand zum Tag der Insolvenzeröffnung mitteilen.
  3. Schlussrechnung prüfen.
  4. Ausstehende Guthaben und Boni zur Insolvenztabelle anmelden.

Ich bekomme ein Schreiben vom Grundversorger, dass ich von ihm beliefert werde. Was soll ich jetzt tun?

Es kann aus verschiedenen Gründen passieren, dass Ihr Gas- oder Stromanbieter Sie nicht mehr beliefern kann. Zum Beispiel, wenn er die Energienetze nicht mehr nutzen darf, weil der Netzbetreiber den Vertrag beendet hat. Der Netzbetreiber informiert Sie dann darüber, dass Sie vom Grundversorger (meistens den Stadtwerken) beliefert werden. Das nennt man in diesem Fall Ersatzversorgung. Über Ihren Verbrauch erhalten Sie vom Grundversorger eine Rechnung.

Folgendes ist zu tun:

  1. Einzugsermächtigung gegenüber dem bisherigen Anbieter schriftlich widerrufen bzw. Dauerauftrag bei Ihrer Bank kündigen.
  2. Ganz wichtig: Den Zählerstand selbst ablesen und dem Netzbetreiber und Grundversorger mitteilen.
  3. Beginn der Ersatzversorgung vom Grundversorger schriftlich bestätigen lassen.
  4. Wenn Ersatzversorgung feststeht, vorsorglich den Vertrag mit dem insolventen Lieferanten kündigen sowie diesem den aktuellen Zählerstand mitteilen. Dieser Musterbrief hilft Ihnen bei der Kündigung.
  5. Den Stromanbieter wechseln, denn die Ersatzversorgung ist teurer und kann jederzeit durch Sie beendet werden.

Ich werde weiter vom insolventen Unternehmen beliefert - muss ich trotz Insolvenz zahlen?

Für den laufenden Energieverbrauch müssen Sie die Abschläge weiter zahlen. Aber: Spätestens nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dürfen Sie nicht mehr an den insolventen Anbieter zahlen. Teils ordnen Gerichte das auch schon für die Zeit vor der Verfahrenseröffnung an. Kündigen Sie Daueraufträge und widerrufen Sie Einzugsermächtigungen gegenüber dem insolventen Lieferanten. Zahlen Sie nur an das vom (vorläufigen) Insolvenzverwalter angegebene Konto.

Kann ich den Vertrag wegen der Insolvenz kündigen?

Der Vertrag mit dem insolventen Unternehmen besteht weiter, es gilt die vertragliche Kündigungsfrist aus den AGB des Unternehmens. Die Insolvenz als solche gibt Ihnen kein Sonderkündigungsrecht. Nur wenn der Anbieter dauerhaft keine Energie mehr liefern kann, ist nach Auffassung der Verbraucherzentralen eine fristlose Kündigung möglich.

Ich bekomme noch Guthaben aus einer Rechnung. Was kann ich verlangen?

In einem Insolvenzverfahren können Sie nicht mehr wie gewohnt Zahlungen vom Unternehmen verlangen und Rechnungsguthaben anmahnen. Stattdessen müssen Sie Ihre Forderungen im Verfahren gesondert anmelden. Diese werden dann in eine so genannte Insolvenztabelle eingetragen.

Sie können Ihre Forderung (in diesem Fall also des Guthabens) erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anmelden. Der Insolvenzverwalter prüft dann, ob die Forderung berechtigt ist. Erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens – in der Regel nach mehreren Jahren – erhalten Sie gegebenenfalls einen Teil der Forderung zurück. Das nennt man "Quote". Die Quote fällt regelmäßig gering aus. Sie müssen damit rechnen, dass Sie nur weniger als fünf Prozent der Summe bekommen, die der Energieanbieter Ihnen schuldet.

Bis wann Sie Forderungen anmelden können, erfahren Sie aus dem Eröffnungsbeschluss des Gerichts. In der Regel geben Unternehmen oder Insolvenzverwalter es auch auf ihren Webseiten bekannt. Die Frist zur Forderungsanmeldung müssen Sie zwar nicht zwingend einhalten. Allerdings wird für spätere Anmeldung eine Gerichtsgebühr in Höhe von 20 Euro fällig. Das sollten Sie gerade bei niedrigen Forderungen bedenken. Die Anmeldung hat keine bestimmte Form, der Insolvenzverwalter stellt aber meistens ein Formular bereit.

Kann ich Guthaben mit laufenden Abschlägen verrechnen?

Haben Sie bereits eine Rechnung, aus der sich ein fälliges Guthaben ergibt, können Sie nach Auffassung der Verbraucherzentralen das Guthaben gegen die laufenden Abschläge verrechnen.

Das heißt: Sie können die Abschlagszahlung verringern, bis der Guthabenbetrag erreicht ist. Gleichzeitig müssen Sie dem Unternehmen bzw. Insolvenzverwalter gegenüber erklären, dass Sie die Guthaben "aufrechnen". Die Aufrechnung erklären Sie am besten schriftlich mit Nachweis.

Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die Abschläge später vom Insolvenzverwalter eingefordert werden. Sie sollten die Verrechnung aber versuchen. Denn Ihre einzige andere Möglichkeit ist, das Guthaben als Forderung in der Insolvenztabelle anzumelden – mit geringen Auszahlungsquoten.

Erwarten Sie noch eine Jahresrechnung mit Guthaben von ihrem Anbieter, prüfen Sie, ob bereits mehr als sechs Wochen seit dem Ende des Abrechnungszeitraums vergangen sind. Erfahrungswerte zeigen, dass einige Anbieter in finanzieller Schieflage solche Abrechnungen herauszögert haben, um nichts auszahlen zu müssen. Ist die Sechs-Wochen-Frist überschritten, können sie die laufenden Abschläge auf jeden Fall einbehalten, bis Sie eine Abrechnung bekommen.

Lassen Sie sich zu diesen Fragen im Zweifel von Ihrer Verbraucherzentrale rechtlich beraten.

Was kann ich tun, wenn der Verwalter in Bezug auf meinen Vertrag "Nichterfüllung" wählt?

Bei laufenden Verträgen hat der Insolvenzverwalter das Recht zu entscheiden, wie es weitergeht. Wenn er sich für die Fortführung eines Vertrages entscheidet, heißt das "Erfüllungswahl". Entscheidet er sich dagegen, nennt man das "Nichterfüllungswahl". Das bedeutet, dass der Vertrag abgewickelt wird. Dann müssen Sie sich ab dem vom Insolvenzverwalter angegebenen Datum um einen neuen Energieversorger kümmern.

Bis ein neuer Vertrag mit einem Energieanbieter geschlossen ist, werden Sie vom Grundversorger beliefert.

Ob der Vertrag durch eine Nichterfüllungswahl automatisch endet, ist unter Juristen umstritten. Sicherheitshalber sollten Sie in einem solchen Fall selbst die fristlose Kündigung schriftlich und mit entsprechender Begründung erklären. Ab der Nichterfüllungswahl werden die gegenseitigen Forderungen verrechnet. Sie erhalten eine Abrechnung.

Wenn zu Ihren Gunsten ein Guthaben verbleibt, müssen Sie es zur Insolvenztabelle anmelden.

Wenn nach der Abrechnung eine Forderung des Insolvenzverwalters verbleibt, müssen Sie die geforderte Summe zahlen.

Schlussrechnungen prüfen

Im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens sendet Ihnen der Insolvenzverwalter, unabhängig davon, ob das Unternehmen weiter liefert oder nicht, eine (Schluss-)Abrechnung. Prüfen Sie die Rechnung sorgfältig. Ihre Verbraucherzentrale unterstützt Sie auf Wunsch auch hierbei.

Ist die Nachforderung korrekt, müssen Sie an den Insolvenzverwalter zahlen. Sie können auch prüfen, ob Sie gegen diese Nachforderung mit Guthaben oder Boni aus alten Jahresrechnungen aufrechnen können. Ergibt sich dagegen ein Abrechnungsguthaben zu Ihren Gunsten, können Sie dieses zur Insolvenztabelle anmelden.

Stift und Münzen liegen auf einer Stromrechnung.

Strom, Gas, Heizöl – Tipps und Hilfen rund um Ihre Energieverträge

Den Stromanbieter wechseln oder ein Problem mit dem Gasanbieter lösen? Unsere Übersicht rund um Energieverträge hilft weiter. Prüfen Sie Rechnungen, Preiserhöhungen, Boni und Guthabenauszahlungen. Finden Sie günstige, faire Tarife. Setzen Sie bei Problemen Ihre Rechte durch.

Energieberatung

Sie haben Fragen rund um das Thema Energie? Wir beraten Sie unabhängig!

Egal, ob Energiesparen, Heizungstausch, Erneuerbare wie PV, Haussanierung oder Förderung – für jede Problemstellung bieten wir Ihnen eine Energieberatung an.

Telefonberatung in Nordrhein-Westfalen

So erreichen Sie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

Unsere Beratungsstellen erreichen Sie per Telefon und E-Mail. Auch über eine zentrale Hotline, das zentrale Kontaktformular auf unserer Internetseite sowie bei Facebook, Instagram und Twitter können Sie uns kontaktieren.
Grafische Darstellung einer Frau, die ungeduldig auf ihre Armbanduhr schaut. Rechts daneben befindet sich das Logo von Cleverbuy, darunter eine Grafik von einem Smartphone, von der ein roter Pfeil auf einen Stapel Euroscheine führt. Rechts daneben befindet sich ein großes, rotes Ausrufezeichen, in dem "Warnung" steht.

Warnung vor Cleverbuy: Auszahlung lässt auf sich warten

"Clever Technik kaufen und verkaufen" heißt es auf der Website der Ankaufplattform Cleverbuy. Gar nicht clever ist die oft lange Zeit, die verstreicht, bis Nutzer:innen ihr Geld für Smartphone und Co. ausgezahlt bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt daher vor dem Anbieter.
Besorgt dreinblickender Mann, der auf seine Kreditkarte schaut, während er mit seinem Mobiltelefon spricht.

Der vzbv stellt fest: Banken tun nicht genug gegen Kontobetrug

Opfer von Kontobetrug bleiben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen, denn: Banken werfen ihnen grobe Fahrlässigkeit vor. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) müssten Banken jedoch mehr tun, um Verbraucher:innen zu schützen.