3. Lerneinheit: Generative KI - so nutze ich sie

Stand:
Nun geht es darum, dass Sie das praktische Potential generativer KI für sich einschätzen und abwägen. Lernen Sie, wie Sie mit generativen KI-Anwendungen arbeiten können und wie Sie im Internet und in Ihrem Alltag mit KI-generierten Inhalten konfrontiert werden.
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3.1 Wie benutzt man eine generative KI-Anwendung – und was sind eigentlich Prompts?

Angenommen, Sie möchten eine Geburtstagkarte an eine Kollegin aus Mexico schreiben und Ihnen fällt kein Text ein. Das Textgenerierungs-Tool ChatGPT könnte Ihnen dabei behilflich sein, einen passenden Text zu formulieren. Dafür müssen Sie ChatGPT aber erst einmal mitteilen, was genau Sie möchten. Grundsätzlich funktioniert die Interaktion mit KI-Anwendungen durch die Eingabe von Text in eine Art Chatfunktion, ähnlich wie bei Messenger-Diensten. Diese Texteingaben werden Prompts genannt. Prompts sind somit Befehle bzw. Anweisungen, die man an die KI sendet, damit diese ein bestimmtes Ergebnis liefert. Das kann ein Wort sein, eine Aneinanderreihung von mehreren Wörtern, ganze Sätze mit beschreibenden Elementen oder komplexe Befehle über mehrere Zeilen. Mit den Prompts erklärt man der KI die Aufgabe, die gelöst werden soll und gibt mit Hinweisen oder Einschränkungen vor, wie genau die Aufgabe bearbeitet werden bzw. das Ergebnis aussehen soll.

Der Prompt im oben genannten Beispiel könnte dann zum Beispiel lauten: „Schreibe mir einen Text für eine Geburtstagskarte an eine Kollegin aus Mexico.“ Prompts enthalten damit die für das KI-System relevanten Informationen, um eine Aufgabe lösen zu können. Meist werden diese Befehle über eine Art Chat-Funktion an das KI-System übermittelt, sodass Sie mit der KI per Texteingabe kommunizieren, bis das gewünschte Ergebnis erstellt wurde. Das klingt trivialer als es ist, da es für die KI zahlreiche Möglichkeiten gibt, eine bestimmte Anweisung zu erfüllen oder eine Aufgabe zu lösen. Damit die KI bei der Erstellung ihres Ergebnisses am Ende möglichst nahe an der eigenen Vorstellung ist, muss der Prompt entsprechend formuliert sein und sukzessive durch weitere Prompts, die mehr Kontext liefern, also Erläuterungen oder Anpassungen, verfeinert werden. Das nennt man Prompt Chaining.

Die Qualität des Ergebnisses, das von der KI generiert wird, hängt maßgeblich davon ab, wie die Eingaben formuliert werden (wie präzise, blumig, ausführlich, gut). Je „besser“ der Prompt, desto besser das Ergebnis. Hier heißt die Devise: Ausprobieren, bis das gewünschte Ergebnis generiert wird. Sie wissen beispielsweise, dass die Kollegin aus Mexico Sarkasmus mag. Dann könnten Sie den Prompt durch folgende Ergänzung spezifizieren: „Formuliere den Text sarkastisch“. Meist muss man nachjustieren und hat den perfekten Prompt nicht direkt erstellt, sondern tastet sich Schritt für Schritt an das gewünschte Ergebnis heran. Beispielsweise könnte es sein, dass ChatGPT in seinem generierten Text einen sarkastischen Witz über Mexico formuliert. Dann könnten Sie die Anwendung darum bitten, dies zu unterlassen, beispielsweise mit dem Befehl „Verwende dabei keinen sarkastischen Witz über Mexico“.

Beim Interagieren mit der KI gibt es demnach keine eindeutig richtigen oder falschen Eingaben. Aber es gibt bewährte Richtlinien, um optimale Ergebnisse zu erzielen. So finden sich im Internet zahlreiche Empfehlungen und Leitfäden, die zeigen, wie gute Prompts aussehen müssen. Zu bestimmten Kontexten gibt es sogar konkrete Formulierungsvorschläge für Befehle bzw. Prompts. Dabei geht es darum, dem Programm genau mitteilen zu können, was benötigt wird, was auch als sog. Prompt Engineering bezeichnet wird.

3.2 Verantwortungsvoller Umgang – Das sollten Sie wissen, wenn Sie ein generatives KI-Tool nutzen

Wer ein generatives KI-Tool nutzen möchte, sollte sich darüber bewusst sein, wie das Tool mit Eingabedaten umgeht. Auch sind unbewusste Datenschutz- oder Urheberrechtsverletzungen durch die Nutzung eines generativen KI-Tools möglich. Daher sollten Sie bei der Nutzung von KI-Anwendungen insbesondere nachfolgende Punkte beachten:

  • Geben Sie keine persönlichen oder personenbeziehbaren Daten wie Namen, Adressen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern etc. in eine KI-Anwendung ein. Das gilt auch für Bilder, auf denen Sie und vor allem andere Personen zu sehen sind. Selbst Daten und Beschreibungen, die Rückschlüsse auf konkrete Personen – Familienmitglieder, Freunde, Bekannte, Kolleg:innen – zulassen, sollten Sie nicht in einer KI-Anwendung angeben. Es reicht nicht, nur Namen und Adressen aus der Eingabe zu entfernen. Denn auch aus dem Zusammenhang lassen sich gegebenenfalls Rückschlüsse auf Autoren oder Betroffene ziehen. Gerade bei KI-Anwendungen, deren Stärke es ist, Querbezüge auch aus unstrukturierten Daten herzustellen, ist diese Möglichkeit gegeben. Je nach KI-Anwendung können personenbezogen Daten auch in anderen Arten von Informationen enthalten sein, wie in Dokumenten, in denen personenbezogene Daten enthalten sind (wie bspw. eine Mitarbeiterliste mit Namen, Anschrift, Geburtsdatum etc.).
  • (Sofern möglich -) Erlauben Sie es nicht, dass Eingaben, die Sie bei der Nutzung von KI-Anwendungen vornehmen, den Trainingsdaten der KI hinzugefügt werden: Die meisten Anbieter von KI-Anwendungen verwenden standardmäßig oder in der kostenlosen Version alle getätigten Eingaben zum weiteren Training ihrer KI. Jede:r andere Nutzer:in kann beim Anwenden der entsprechenden KI-Anwendung diese Inhalte unter Verwendung spezieller Prompts dann gegebenenfalls erfragen oder – zufällig – als Ergebnis ausgegeben bekommen. Viele KI-Anwendungen bieten daher mittlerweile die Möglichkeit, der Verwendung der Eingaben zu Trainingszwecken zu widersprechen. Nutzen Sie, wo immer das möglich ist, diese Option. Legen Sie bei allen KI-Anwendungen, bei denen eine solche Option nicht besteht, besonders strenge Maßstäbe an die Vertraulichkeit der eingegebenen Daten an.
  • Hinterfragen Sie kritisch, was die Anwendung Ihnen vorschlägt und prüfen Sie die Ergebnisse auf Richtigkeit. Aufgrund ihres grundlegenden Funktionsprinzips müssen die Angaben, auch wenn sie plausibel klingen, nicht zwangsläufig korrekt sein.
  • Informieren Sie sich über die AGB der KI-Anwendung. Dort finden Sie u.a. Informationen darüber, welche Nutzungen eventuell nicht erlaubt sind oder welche Nutzungsrechte an den generierten Inhalten eingeräumt werden.
  • Lesen Sie die Datenschutzhinweise des Verantwortlichen bzw. des Anbieters der jeweiligen KI-Anwendung. Betreiber der KI-Anwendungen könnten sich beispielsweise das Recht einräumen, Ihre Eingabedaten auch für Werbezwecke zu analysieren oder an Dritte zu verkaufen. Prüfen Sie, welche Möglichkeiten es gibt, dies zu verhindern.

Weitere Tipps haben wir hier für Sie zusammengefasst.

3.3 Mit welchen Beispiel-Prompts kann ich die unterschiedlichen generativen KI-Technologien füttern?

Nachfolgend sehen Sie mögliche Beispiel-Prompts für die diversen Arten von KI-Technologien und einige Anbieter, die entsprechende generative KI-Anwendungen auf dem Markt anbieten.

Hintergrundinformation: Die Liste der Anbieter erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht bei diesem Abschnitt darum, Ihnen ein Gefühl dafür zu vermitteln, in welchen Kontexten KI bereits zum Einsatz kommt und welche Angebotsvielfalt von welchen Anbietern es gibt.


Textgenerierung und Text- bzw. Sprachübersetzung

Beispiel-Prompts:

  • Erstelle ein Kündigungsschreiben für meinen bestehenden Mobilfunkvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Beziehe alle für eine Kündigung relevanten Daten ein.
  • Erstelle eine Text-Analyse zu Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“.
  • Übersetze mir die französische Nationalhymne auf Deutsch.

Anbieter-Beispiele: ChatGPT (Open AI) | Gemini, ehemals Bard (Google) | Copilot, ehemals Bing Chat (Microsoft) | ChatFlash (Neuroflash)


Bildgenerierung

Beispiel-Prompts:

  • in modernes Bürogebäude bei Nacht, beleuchtet von innen, mit einem klaren Himmel und Sternen im Hintergrund.
  • Erstelle eine visuelle Darstellung von einer Gruppe von Studenten, die zusammenarbeiten, mit Laptops und Papieren auf einem großen Tisch.
  • Generiere ein Bild von einem Lippenstift, der auf einem leuchtend roten Satintuch präsentiert wird, mit weißem Hintergrund.

Anbieter-Beispiele: Midjourney (Midjourney, Inc.) | Leonardo.Ai (Leonardo Pty Ltd, wurde übernommen von Canva) | DALL·E (Open AI) | Stable Diffusion (Stability AI) | Ideogram (entwickelt von ehemaligen Google-Fachleuten) | Mindverse (Mindverse) | Adobe Firefly (Adobe) | Canva (Canva Pty Ltd)


Stimmgenerierung / Stimmimitation / Audiogenerierung

Beispiel-Prompts:

  • Erstelle ein Liebeslied für ein Hochzeitspaar, das sich auf einer Party einer gemeinsamen Freundin kennengelernt hat. Das Lied soll vom Frühling handeln. Die Wörter „Liebe“ und „Ehe“ sollen nicht darin vorkommen. Gib dem Lied einen fröhlichen Charakter. Das Lied soll 3 Minuten dauern.
  • Erstelle ein klassisches Konzert im Stil von Vivaldi’s Vier Jahreszeiten, Orchester, Solovioline, kraftvoll.

Anbieter-Beispiele: Lovo.ai (LOVO) | Murf.ai (Murf Inc.) | Stable Diffusion (Stability AI) | Suno (Suno Inc.) | Synthesys | Fliki (Fliki)| AudioSonic (AudioSonic)| Narakeet (Narakeet)


Videogenerierung

Beispiel-Prompts:

  • Zeige einen Vogel, der  zwitschernd durch den sonnigen Dschungel fliegt.
  • Mädchen fährt auf einem roten Fahrrad an einem Feld entlang.
  • Es soll ein Flugzeug am Himmel vorbeifliegen, im Hintergrund sind Wolken und die Sonne zu sehen.     

Hinweis: Professionelle Anwender:innen schreiben Prompts für ganze Videodrehbücher.

Anbieter-Beispiele: Sora (Open AI) | RunwayML (Runway AI Inc.)| Luma Dream Machine (Luma AI, Inc.) | Pika (PikaLabs) | | HeyGen (HeyGen) | PixVerse (PixVerse)) | Stable Diffusion (Stability AI) | Leonardo.ai (Leonardo Pty Ltd, wurde übernommen von Canva


Hände gestalten Formen auf einem Tablet, hinzu kommen chemisch und elektronisch anmutende Symbole und Grafiken.
Bild generiert mit KI (DALL-E)

 

Für alle oben aufgelisteten Arten von KI-Technologien gibt es diverse KI-Anwendungen unterschiedlicher Anbieter (siehe Tabelle unter „Beispiel-Anbieter“), die sich hinsichtlich der Qualität der generierten Ergebnisse teilweise stark unterscheiden. Während einige der am Markt erhältlichen KI-Anwendungen qualitativ hochwertige Resultate erzielen, gibt es wiederum andere Anwendungen, bei denen die Qualität der Ergebnisse weniger gut ist. Viele dieser KI-Anwendungen sind zum aktuellen Zeitpunkt kostenfrei oder zumindest in einer kostenfreien Variante verfügbar. Bei der kostenfreien Variante ist der Funktionsumfang in der Regel begrenzter im Vergleich zu den Bezahlvarianten (z. B. stehen Nutzer:innen nur eine begrenzte Anzahl an Prompts pro Tag, Woche oder Monat zur Verfügung). Aus diesem Grund haben viele Anbieter relativ schnell nach Einführung ihrer Dienste hohe Nutzungszahlen erreicht, sodass KI-Anwendungen schon Teil der Lebenswirklichkeit von insbesondere jungen Menschen geworden sind. Sie nutzen sie beispielsweise zur Erstellung von Bewerbungen oder Hausarbeiten und verwenden sie im beruflichen Alltag. Das sorgt auch dafür, dass die Potentiale von KI Anwendungen immer konkreter und praktisch erfahrbarer werden.

Gibt man die oben exemplarisch dargestellten Beispiel-Prompts in eine generative KI-Anwendung ein, werden die von der KI erstellten Ergebnisse  von derjeweils genutzten KI-Anwendung eines bestimmten Anbieters abhängig sein. Das bedeutet, dass unterschiedliche KI-Anwendungen verschiedener Anbieter unterschiedliche Ergebnisse generieren können – trotz identischem Prompt. Genauso werden Sie mit dem gleichen Prompt in der gleichen Anwendung immer unterschiedliche Ergebnisse erhalten. Der Grund hierfür liegt zum einen daran, dass die KI-Modelle teilweise mit unterschiedlichem Datenmaterial trainiert wurden. Zum anderen ist das der KI-Anwendung zugrundeliegende KI-Modell unterschiedlich aufgebaut. Der Aufbau des jeweiligen KI-Modells und damit auch des neuronalen Netzes innerhalb des Modells bestimmen – selbstständig und ohne jegliches Zutun von Menschen – welchen komplexen Pfad die KI-Anwendung beim Lösen ihrer Aufgabe entlanggeht und damit auch, wie das generierte Ergebnis aussieht. Der genaue Prozess der Informationsverarbeitung bis hin zur Ergebnisgenerierung ist dabei eine Blackbox. Damit kann – im Gegensatz zu (einfachen) Algorithmen – weder genau erklärt werden, warum eine KI-Anwendung ein bestimmtes Ergebnis generiert hat, noch gewährleistet werden, dass die KI-Anwendung bei der gleichen Eingabe immer das gleiche Ergebnis generiert.

Klar ist: Das Erstellen eines Ergebnisses basiert auf Wahrscheinlichkeiten und nicht auf Fakten. Deshalb können generative KI-Anwendungen auch falsche Antworten oder Ergebnisse ausgeben.

Erklärendes Beispiel:

Schreiben Sie oft eine förmliche E-Mail auf Ihrem Smartphone, wird Ihre Tastatur höchstwahrscheinlich nach dem Wort „Sehr“ automatisch die Begriffe „geehrte“, „Damen“, „und“ sowie „Herren“ vorschlagen. Dabei müssen Sie die Worte jeweils antippen, damit sie in den E-Mail-Text übernommen werden. KI-Generatoren wie ChatGPT setzen diese Worte selbst ein und erstellen Ihnen somit Ihren gewünschten Text. Der KI-Chatbot berechnet somit sukzessive, d.h. Schritt für Schritt, die statistische Wahrscheinlichkeit des nächstmöglichen Wortes.

Übungen zur 3. Lerneinheit

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