Das Wichtigste in Kürze
- Im Dschungel der App-Stores können Nutzer kaum vorab herausfinden, ob eine Gesundheits-App wirklich für sie geeignet ist.
- Fehlende Hinweise auf Arztbesuche und wissenschaftliche Erkenntnisse können mehr Schaden als Nutzen verursachen.
- Verlassen Sie sich bei Schmerzen nicht allein auf Apps: Sie können keinen Gang zum Arzt ersetzen!
Es gibt eine Reihe von Apps, die Tipps geben und Übungen zeigen, um Rücken- und Gelenkschmerzen zu lindern. Doch vielfach haben Schmerzpatienten anhand der Beschreibungen in den App-Stores keine Chance, geeignete von untauglichen oder gar gesundheitsschädlichen Programmen zu unterscheiden. Zu dürftig sind meist die Hinweise zu Zweck, Nutzen und den Grenzen einer Anwendung. Die medizinischen Belege für Infos, Ratschläge und Empfehlungen sind häufig dünn. Zu dieser Einschätzung kommen wir nach dem Vergleich von 17 kostenlosen Gesundheits-Apps im Google Play Store. Dabei können Gesundheits-Apps bei der Anwendung mehr schädigen als nützen, wenn sie keinen verlässlichen und medizinisch fundierten Standard nachweisen.
Wir haben uns 17 Gesundheits-Apps von App-Anbietern, Pharmaunternehmen, Agenturen für Pharmakommunikation, einem Arzt, einer Selbsthilfeorganisation und sonstigen Firmen angesehen. In erster Linie bieten sie Bewegungsübungen oder das Führen eines Beschwerde- und Behandlungstagebuchs. Im Fokus standen drei Fragen, die für ein seriöses und hilfreiches virtuelles Angebot unabdingbar sind:
- Können Verbraucher vor der Anwendung erkennen, ob die App für sie geeignet ist?
- Wenn die App explizit Personen mit Beschwerden anspricht, empfiehlt sie vor der Anwendung zwingend einen Arztbesuch?
- Erbringen Apps für Patienten einen nachvollziehbaren Nachweis ihrer medizinischen Qualifikation?
Für wen ist die App?
Im Ergebnis lassen vier Apps gar keine Zielgruppenansprache erkennen, zwei weitere richten sich allgemein an Personen, die Schmerzen vorbeugen wollen. Elf Apps sprechen Schmerzpatienten an, fünf davon wenden sich konkret an Patienten mit einer spezifischen Diagnose zum Beispiel Arthrose oder Rheuma. Und sechs Apps richten ihre Infos generell an Menschen mit Rücken- und Gelenkschmerzen.
Wird auf Arztbesuch hingewiesen?
Nach unserer Auffassung müssen App-Anbieter zwingend darauf hinweisen, dass bei gesundheitlichen Problemen vorab ein Arzt hinzugezogen werden sollte und die fachlichen Quellen nennen, auf deren Grundlage die App entwickelt wurde. Denn bei schon vorhandenen Schmerzen droht das Risiko, dass Übungen oder Messungen mehr schaden als nützen können. Diese Mindestkriterien erfüllen jedoch gerade mal vier der elf Apps. Ebenfalls vier Apps fallen durchs Raster, weil der Hinweis auf den Arzt fehlt. Von den restlichen sieben Apps patzen drei, weil sie keine Informationsquelle nennen. Auch bei den Apps, die die Kriterien formal erfüllen, ist die Umsetzung sehr heterogen. Meistens wird lediglich eine Institution benannt statt fundierte, wissenschaftliche Nachweise zu liefern. Beispielsweise nennt eine App als Referenz ein Physiotherapiecenter, eine andere eine Universität. Einmal wird ein Arzt namentlich angegeben, in einem Fall eine Trainerin.
Sind die Infos medizinisch qualifiziert?
Ganz gleich, ob beim Arztbesuch oder der Anwendung einer einschlägigen Gesundheits-App: Patienten sind auf verlässliche Informationen und Hilfe zur Klärung von Symptomen und Behandlung von Krankheiten angewiesen. Deshalb sollte gesetzlich verankert werden, dass entsprechende Auskunftspflichten der Anbieter bereits in der Produktbeschreibung im jeweiligen App-Store sowie in der App enthalten sind. Den Patienten sollten vor dem Gebrauch alle relevanten Informationen zugänglich gemacht werden. Das ist bislang noch keine gängige Praxis. Während der Markt der mobilen Gesundheits-Apps rasant und ungehindert wächst, gibt's nur eine Handvoll Apps, die bislang offiziell hinsichtlich ihres medizinischen Gehalts und Nutzens zertifiziert worden sind. Eine qualitative Kennzeichnung von medizinischen Gesundheits-Apps ist eine notwendige Voraussetzung für Anwender, um nützliche Apps zu erkennen. Eine fundierte und unabhängige Zertifizierung ist außerdem wichtig, damit anerkannte Apps in die Regelversorgung übernommen, vom Arzt verordnet und von der Krankenkasse bezahlt werden können.