Call for Papers: Der vertrauende Verbraucher

Der Typus des vertrauenden Verbrauchers ist das Thema des 11. NRW-Workshops Verbraucherforschung, den das Kompetenzzentrum Verbraucherforschung NRW (KVF NRW) am 27. November 2017 veranstaltet.

Zwischen Regulation und Information

11. Workshop Verbraucherforschung

Der Typus des vertrauenden Verbrauchers ist das Thema des 11. NRW-Workshops Verbraucherforschung, den das Kompetenzzentrum Verbraucherforschung NRW (KVF NRW) am 27. November 2017 veranstaltet. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche politischen Maßnahmen und Angebote des Marktes diesen Verbrauchertypus bei Konsumentscheidungen unterstützen können. Wie können Regulation und Information dazu beitragen, Verbraucherinnen und Verbraucher nicht in falschem Vertrauen zu wiegen, sondern ihre soziale Resilienz und Autonomie zu stärken?

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1. Der "vertrauende Verbraucher" als Standard?

"Die meisten Verbraucher verhalten sich wie ‚vertrauende Verbraucher‘. Sie wollen und können sich für eine Konsumentscheidung nicht zu viel Zeit nehmen," betonte der Wissenschaftliche Beirat des damaligem BMELV (Micklitz et al. 2010) und schlug drei Typen von Verbrauchern vor, um die Debatte über ein zeitgemäßes Leitbild anzuregen (vgl. Oehler 2017). Während der "verletzliche Verbraucher" aufgrund seiner besonderen Lebenslage als schutzbedürftig gilt und der "verantwortungsvolle Verbraucher" sozial-ökologische Kriterien bei Konsumentscheidungen berücksichtigt, bleibt der vertrauende Verbraucher (confident consumer) recht unspezifisch. Trotzdem fand er Eingang in die verbraucherpolitische Diskussion, seine Beschreibung wurde oftmals zitiert und paraphrasiert, in der Forschung jedoch nicht genauer gefasst. Es entsteht der Eindruck, dass es sich beim vertrauenden Verbraucher um eine weit verbreitete Verhaltensweise handelt (vgl. Kenning und Wobker 2013), die zu einem neuen Standard wird. Vertrauende Verbraucher, das sind wir alle: Man vertraut darauf, dass AGBs und Verträge in Ordnung sind. Man vertraut darauf, dass Lebensmittel den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und nicht die Gesundheit schädigen. Man vertraut darauf, dass die Kennzeichnung von Bioartikeln korrekt erfolgt. Man vertraut darauf, dass Bankberater alle relevanten Informationen geben. Man vertraut darauf, dass die Abgaswerte des Autos stimmen.

2. Der "vertrauende Verbraucher" – ein Desiderat

Im Gegensatz zum verantwortungsvollen oder verletzlichen Verbraucher, gibt es hinsichtlich des vertrauenden Verbrauchers in der Forschung ein theoretisches und empirisches Desiderat. Dabei bieten Ansätze wie beispielsweise die Neuere Wirtschaftssoziologie, Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung dieses Typus: Wenn Märkte soziale Erwartungsstrukturen sind, deren Stabilität durch mangelndes Vertrauen, Ungewissheit oder doppelte Kontingenz gefährdet ist, dann kann untersucht werden, wie politische, zivilgesellschaftliche oder wirtschaftliche Akteure die Erwartungen und das Vertrauen der Marktakteure beeinflussen (vgl. Nessel 2015).

Verbraucherinformationen und politische Regulierungen haben ebenso Einfluss auf das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher (vgl. Loer und Leipold 2017; Rick i. E.) wie neuere Formen der Bewertungen, etwa durch trust-based systems oder Peer-Bewertungen (vgl. Geierhos, Schulze und Bäumer 2015; Harper 2014).

Im Mittelpunkt des Workshops steht die Frage, welche politischen Maßnahmen und Angebote des Marktes den vertrauenden Verbraucher bei Konsumentscheidungen unterstützen können. Wie kann durch Regulation und gute Information die soziale Resilienz und Autonomie des vertrauenden Verbraucher gestärkt werden?

3. Fachgebiete und Themen

Wir laden Sie ein, Vorschläge einzureichen. Die ausgewählten Themen sollen in einem 20-minütigen Vortrag auf dem 11. NRW-Workshop Verbraucherforschung am Montag, den 27. November 2017 vorgestellt werden, der sich an Forschende und Vertreterinnen und Vertreter aus Verbraucherpolitik und -arbeit richtet. Willkommen sind Beiträge aus allen für die Verbraucherforschung relevanten Fachrichtungen (bspw. Ökonomie, Politikwissenschaft, Psychologie, Rechtswissenschaft, Sozialwissenschaft, Geschichtswissenschaft, Informatik, Marketing, etc.), aber auch inter- und transdisziplinäre Projekte.

Die einreichenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten ihren Dienst- oder Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben.

4. Deadline und Terminplanung

Bitte senden Sie ein aussagefähiges Abstract (maximal 2.000 Zeichen inkl. Leerzeichen; Titel, Autorennamen, Kontaktdaten und Keywords zählen nicht dazu) und eine Kurzbiografie bis zum 9. Oktober 2017 als eine PDF-Datei an folgende E-Mail:
verbraucherforschung@verbraucherzentrale.nrw

Bis zum 16. Oktober 2017 erhalten Sie Nachricht über die Annahme Ihres Vorschlags. In diesem Fall werden wir Sie bitten, uns bis zum 22. November 2017 eine Präsentation (PowerPoint, Open/Libre Office Impress oder PDF) zuzusenden. Bitte beachten Sie, dass die Vorträge dieses Workshops als Sammelband in unserer Open-Access-Schriftenreihe "Beiträge zur Verbraucherforschung" erscheinen sollen. Die Abgabe der Manuskripte soll bis zum 12. Februar 2018 erfolgen.

5. Literatur

Geierhos, Michaela, Sabine Schulze und Frederik Simon Bäumer. 2015. Der zufriedene Patient 2.0: Analyse anonymer Arztbewertungen im Web 2.0. Working Papers des KVF NRW 3. Düsseldorf: Verbraucherzentrale NRW/Kompetenzzentrum Verbraucherforschung NRW. doi:10.15501/kvfwp_3.

Harper, Richard H. R., Hrsg. 2014. Trust, computing, and society. New York: Cambridge Univ. Press.

Kenning, Peter und Inga Wobker. 2013. Ist der "mündige Verbraucher" eine Fiktion? Ein kritischer Beitrag zum aktuellen Stand der Diskussion um das Verbraucherleitbild in den Wirtschaftswissenschaften und der Wirtschaftspolitik. Zeitschrift fuer Wirtschafts- und Unternehmensethik 14, Nr. 2: 282-300.

Loer, Katrhin und Alexander Leipold. 2017. Mit dem Verbraucher Politik machen? Der Verbraucher als Steuerungsadressat und Bestandteil politischer Strategien in komplexen Politikfeldern. Vortrag auf dem 10. Workshop Verbraucherforschung (10. Juli), Düsseldorf.

Micklitz, Hans-W., Andreas Oehler, Michael-Burkhard Piorkowsky, Lucia A. Reisch und Christoph Strünck. 2010. Der vertrauende, der verletzliche oder der verantwortungsvolle Verbraucher? Plädoyer für eine differenzierte Strategie in der Verbraucherpolitik. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV. Berlin, Dezember.

Nessel, Sebastian. 2015. Verbraucherorganisationen als Resilienz- und Vulnerabilitätsfaktor von Markterwartungen. In: Resilienz im Sozialen: Theoretische und empirische Analysen, hg. von Martin Endreß und Andrea Maurer, 153–180. Wiesbaden: Springer.

Oehler, Andreas. 2017. Verbraucherinformation und Verbraucherbildung. In: Verbraucherwissenschaften: Rahmembedingungen, Forschungsfelder und Institutionen, hg. von Peter Kenning, Andreas Oehler, Lucia A. Reisch und Christian Grugel, 279–293. Wiesbaden: SpringerGabler.

Rick, Kevin. i. E. Verbraucherpolitik in der Bundesrepublik Deutschland: Eine akteurszentrierte Geschichte des westdeutschen Konsumtionsregimes, 1945-1975. Diss. Universität Marburg.

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