Scoring – diese Daten sammeln Auskunfteien über Sie

Stand:
Scoring betrifft alle Menschen, aber nicht alle wissen davon. Auskunfteien sammeln ohne unser Wissen Daten über uns. Daraus berechnen sie, wie es um unsere finanzielle Vertrauenswürdigkeit steht. Nach einem EuGH-Urteil müssen Auskunfteien nun transparenter machen, wie Score-Werte zustande kommen.
Mann am Laptop

Das Wichtigste in Kürze:

  • Scoring ist ein mathematisches Verfahren, mit dem Ihr Verhalten vorhergesagt werden soll.
  • Auskunfteien sammeln Daten über Sie und werten aus, wie wahrscheinlich Sie Ihre Rechnungen bezahlen. Sie bilden einen Score-Wert.
  • In Ihren Scoring-Profilen können falsche, unzulässige oder veraltete Informationen stehen.
  • Überprüfen Sie regelmäßig, welche Daten die Auskunfteien über Sie haben und lassen Sie veraltete oder fehlerhafte Informationen löschen.
  • Nach dem EuGH-Urteil  bekommen Verbraucher:innen mehr Rechte zu erfahren, wie der Score zustande kommt.
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Was sagt der Score über mich aus?

Vielleicht wollten Sie schon einmal etwas auf Rechnung bestellen und es hat nicht geklappt. Nachdem Sie Ihre Daten eingegeben haben, kam die Meldung, dass diese Zahlungsoption aktuell leider nicht zur Verfügung steht. Ein technischer Defekt? Eher nicht. Wahrscheinlich hat Ihr Score den Schwenk im Bezahlsystem ausgelöst. Aber was ist eigentlich ein Score?

Scoring ist ein mathematisch-statistisches Verfahren, mit dem vorhergesagt werden soll, wie Sie sich verhalten. Private Auskunfteien wie Schufa, Crif Bürgel, Arvato, Creditreform Boniversum und Infoscore Consumer Data berechnen mit dem Score-Wert, wie wahrscheinlich es ist, dass Sie Ihre offenen Posten bezahlen. Ein schlechter Score-Wert kann dazu führen, dass Ihnen bestimmte Zahlungs- oder Kreditoptionen nicht angeboten werden.

Wann und warum wurde der Score eingeführt?

In den 1920er Jahren verkaufte die Berliner Städtische Elektrizitätswerke-Aktiengesellschaft (BEWAG) an zuverlässige Kunden nicht nur Strom, sondern auch Haushaltsgeräte wie zum Beispiel Kühlschränke. Diese Haushaltsgeräte waren als Ratenkauf erhältlich. Um zu beurteilen, welche Kunden für den Kauf in Frage kamen, überprüfte das Unternehmen das Zahlungsverhalten bei der Stromrechnung. Nur wer pünktlich zahlte, konnte einen Kühlschrank erwerben.

Schnell wurde einigen Mitarbeitern der BEWAG klar, dass die Informationen über das Zahlungsverhalten der Kunden auch für andere Unternehmen wertvoll waren. 1927 gründeten sie die "Schutzgemeinschaft für Absatzfinanzierung" – heute bekannt als SCHUFA.

Wie genau funktioniert Scoring?

Zurück ins digitale Zeitalter. Wie genau funktioniert das eigentlich Scoring in Zeiten des Internets? Sicher ist, dass Sie bei unterschiedlichen Auskunfteien ein Profil haben. Dort werden Daten über Sie gesammelt. Zum Beispiel Ihr Name, Ihr Geburtsdatum, die aktuelle Anschrift und auch, ob Sie ein Konto oder einen Handyvertrag haben. Das sind die so genannten Positivdaten. Aber das ist noch nicht alles. Darüber hinaus wird vermerkt, ob Sie bei einzelnen Rechnungen oder Raten im Zahlungsverzug sind. Das sind die so genannten Negativdaten.

All diese Daten dienen dazu, Sie in eine bestimmte Gruppe einzusortieren und Ihren Score-Wert zu berechnen.

Ein Beispiel: Nehmen wir mal an, die Score-Skala einer Auskunftei geht von 0 bis 100. Wenn Sie einen Score-Wert von 95 Prozent haben, dann bedeutet das, dass 95 von 100 Kunden in Ihrer Vergleichsgruppe die Rechnungen fristgerecht bezahlt haben.

Als generelle Regel gilt: Eine niedrige Punktezahl (Score-Wert) bedeutet, dass Sie Ihre Rechnungen sehr wahrscheinlich nicht bezahlen. Menschen mit einem niedrigem Score-Wert werden als wenig kreditwürdig eingestuft.

Wie genau die Auskunfteien den Score-Wert bilden, fällt unter das Geschäftsgeheimnis. Jede Auskunftei hat ihr eigenes Berechnungsverfahren und unterschiedliche Score-Werte.

Allerdings hat der EuGH am 7. Dezember 2023 im Falle der Wiesbadener Schufa Holding entschieden, dass es sich beim Bonitätsscoring um eine automatisierte Entscheidung im Einzelfall handelt, wenn der Score maßgeblich über den Abschluss oder die Konditionen eines Vertrages entscheidet.

In einem solchen Fall haben Verbraucher:innen das Recht, von der Auskunftei zu erfahren, nach welcher Logik der Score zustande kommt. Das bedeutet, dass Auskunfteien sich nicht mehr pauschal auf ihr Geschäftsgeheimnis berufen können, sondern das Zustandekommen der Score-Werte sehr viel transparenter und verständlicher machen müssen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt das Urteil als wichtigen Schritt für einen starken Verbraucherschutz beim Bonitäts-Scoring und fordert konkrete Maßnahmen.

Dass die Schufa ihre Algorithmen nicht offenlegen muss, entschied der Bundesgerichtshof schon Anfang 2014. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sollte jetzt, auf Vorlage des Verwaltungsgerichts (VG) Wiesbaden, klären, ob die Schufa-Geschäftspraktiken mit der gültigen Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar sind, die seit Mai 2018 gilt.

Scoring ist nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig

Jeder Mensch hat einen Finanz-Score. Auch wenn man sich dafür nicht angemeldet hat. Denn Auskunfteien sammeln Daten über Sie, ohne dass Sie davon etwas mitbekommen. 

Die Art und der Umfang der Daten, die Auskunfteien über dich sammeln dürfen, hat der Gesetzgeber festgelegt. Aus legal gewonnenen Daten dürfen Auskunfteien zwar grundsätzlich einen Score-Wert für Sie bilden. Allerdings dürfen nicht alle Daten in Ihr Profil aufgenommen werden. Im Scoring-Profil nichts verloren haben Angaben

  • zum Beruf,
  • zur Höhe Ihres Gehalts,
  • zur persönlichen Lebenssituation,
  • zum Arbeitgeber oder
  • zur Glaubensrichtung.

Es gibt auch bestimmte Grenzen, wie Score-Werte an die Partnerunternehmen der Auskunfteien weitergegeben und verwendet werden dürfen. Ist der Score-Wert maßgeblich für den Abschluss eines Vertrages, dann braucht es dazu einer besonderen Rechtfertigung, etwa in Form einer Einwilligung oder einer nationalen Erlaubnisnorm.

Ob § 31 Bundesdatenschutzgesetz so eine nationale Erlaubnisnorm ist, die im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung steht, darf derzeit stark bezweifelt werden. Hierzu wird das Verwaltungsgericht Wiesbaden hoffentlich in Bälde mehr Rechtsklarheit bringen.

In anderen Ländern sind schon neue Formen des Scorings entstanden. Unternehmen wie Zest Finance, Kreditech, LendUp oder Earnest werten große Datenmengen aus, um Vorhersagen über Kreditwürdigkeit von Usern zu treffen. Zum Beispiel beobachten sie, wie sich Nutzer im Netz bewegen, was sie einkaufen oder welche Aussagen sie auf Social Media-Plattformen machen.

In Deutschland ist diese Form des Big-Data-Scorings aufgrund der Datenschutzgesetze nicht möglich. Als klassische Auskunfteien wie die SCHUFA in einem Forschungsprojekt die öffentlich einsehbaren Daten aus den sozialen Netzwerken für das Scoring nutzen wollten, wurde das Projekt nach Protesten wieder gestoppt.

Warum berechnen Auskunfteien meinen Score-Wert?

Auskunfteien arbeiten mit verschiedenen Unternehmen zusammen. Ihr Score-Wert ist zum Beispiel für Banken, Versicherungen, Versorgungsunternehmen oder Onlinehändler interessant. Wenn zum Beispiel ein Onlinehändler wissen möchte, wie wahrscheinlich es ist, dass Sie Ihre Rechnung bei einem Kauf auf Rechnung bezahlen, wird er die Auskunftei um Informationen bitten.

Scoring gibt es übrigens nicht nur in der Finanzwelt. Auch die Präventionsprogramme von Krankenkassen setzen beispielsweise darauf. In der Medizin sind Scores ebenfalls verbreitet. Wenn heute ein Baby auf die Welt kommt, wird ein Arzt oder eine Hebamme den Apgar-Score ausfüllen. Der soll Vorhersagen darüber ermöglichen, wie gut dem Neugeborenen die Anpassungen an das Leben außerhalb des Mutterleibs gelingt.

Welche Probleme kann es beim Finanzscoring geben?

Wie jedes statistische Verfahren, ist Scoring nicht zu 100 Prozent zuverlässig. Auch wenn viele Auskunfteien mit anderen Aussagen werben – Ihr Score muss nicht der Wahrheit entsprechen. Folgende Probleme gibt es immer wieder:

  • Datenmissbrauch: Es kann passieren, dass andere Ihre Daten ausspähen (Phishing) und missbräuchlich verwenden. Zum Beispiel, um in Ihrem Namen Online-Shopping zu betreiben. Meistens erfahren die Betroffenen erst von dem Betrug, wenn das Inkassoschreiben im Briefkasten landet. Dann ist es zu spät. Denn zu diesem Zeitpunkt hat das betroffene Unternehmen Ihren vermeintlichen Zahlungsausfall längst an die Auskunftei weitergeleitet.
    Das können Sie tun: Wenn Sie Opfer eines Betrugsfalls sind, sollten Sie das sofort an die Auskunftei melden. Verlieren Sie keine Zeit. Wenn ein anderes Unternehmen Informationen zu Ihrer Kreditwürdigkeit einholt, wird es über den Sachverhalt informiert und muss Ihren Fall dann gesondert prüfen.
  • Veraltete oder unzulässige Daten: Es kann vorkommen, dass veraltete oder unzulässige Daten in Ihrem Profil stehen, die für Sie nicht vorteilhaft sind. Sie können bei den Auskunfteien mindestens einmal jährlich kostenfrei alle Daten einsehen, die über Sie gesammelt wurden. Machen Sie von diesem Recht Gebrauch und lasssen Sie inkorrekte Informationen ändern oder löschen.
  • Fragen Sie nach der Bedeutung des Schufa-Scores: Wenn Ihnen ein Vertrag verweigert oder nur zu schlechteren Konditionen angeboten wurde, dann fragen Sie beim Anbieter nach, woran dies lag. Wenn hier vor allem der Schufa-Score genannt wird,  können Sie von der Auskunftei verlangen Ihnen verständlich zu erklären, wie der Score zustande gekommen ist.
  • Unvollständige Daten: Es kann passieren, dass eine Auskunftei nicht alle relevanten Informationen über Sie hat. Das kann daran liegen, dass bestimmte Unternehmen nur mit bestimmten Auskunfteien zusammenarbeiten. Viele Sparkassen und Raiffeisenbanken arbeiten beispielsweise nicht mit der SCHUFA zusammen. Das heißt, sie bekommen keine Daten von der SCHUFA und melden auch keine an sie.

Wer laut Auskunftei kein Konto besitzt, gilt als weniger kreditwürdig. Bei einem unvollständigen Profil kann es passieren, dass ein niedrigerer Score-Wert eingesetzt wird.

Ihr Weg zu mehr Datenkontrolle

  1. Prüfen! Fordern Sie einmal jährlich eine kostenfreie Datenkopie bei den unterschiedlichen Auskunfteien an. Das steht Ihnen zu. Prüfen Sie die über Sie gespeicherten Daten genau.
  2. Korrektur! Wenn die Daten falsch oder unvollständig sind, lassen Sie sie korrigieren. Unzulässige Daten müssen gelöscht werden.
  3. Unternehmen anschreiben! Wenn ein Unternehmen einen Sachverhalt bei der Auskunftei meldet, der nicht den Tatsachen entspricht, sollten Sie nicht nur die Auskunftei, sondern unbedingt auch das Unternehmen selbst kontaktieren. Sie haben ein Recht auf Korrektur oder Löschung des Eintrags. Wenn Sie das Unternehmen anschreiben, lassen Sie der Auskunftei immer eine Kopie des Schreibens zukommen.

Adressen

CRIF Bürgel GmbH
Team Selbstauskunft
Friesenweg 4, Haus 12
22763 Hamburg
Online-Formular
selbstauskunft@crifbuergel.de oder Kontaktformular

Creditreform Boniversum GmbH
Consumer Service
Hammfelddamm 13
41460 Neuss
Online-Formular
selbstauskunft@boniversum.de

infoscore Consumer Data GmbH
Abteilung Datenschutz
Rheinstraße 99
76532 Baden-Baden
Online-Formular 

SCHUFA Holding AG
Privatkunden ServiceCenter
Postfach 10 34 41
50474 Köln
Online-Formular

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Wichtige Informationen zum Datenschutz gebündelt - eine Kampagne der Verbraucherzentrale Hessen.

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Klage wegen service-rundfunkbeitrag.de gegen SSS-Software Special Service GmbH

Die SSS-Software Special Service GmbH macht auf service-rundfunkbeitrag.de nicht ausreichend kenntlich, dass sie Geld für eigentlich kostenlosen Service verlangt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagt vor dem OLG Koblenz auf Unterlassung und hat eine Sammelklage eingereicht.
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So erreichen Sie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

Unsere Beratungsstellen erreichen Sie per Telefon und E-Mail. Auch über eine zentrale Hotline, das zentrale Kontaktformular auf unserer Internetseite sowie bei Facebook, Instagram und Twitter können Sie uns kontaktieren.
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