- Offensichtliche Wegwerfprodukte wie Plastikteller oder -gabeln werden teilweise als „wiederverwendbar“ oder „Mehrweg“ angeboten
- Positiv: Große deutsche Supermarktketten, Discounter und Drogeriemärkte setzen das seit 3. Juli 2021 geltende Verbot auch online um
- Verbraucherschützer fordern Nachbesserung der Einwegkunststoffverbotsverordnung, eine klare „Mehrweg“-Definition sowie mehr behördliche Kontrollen
Zum Schutz der Meere und der Umwelt ist in der EU seit 3. Juli 2021 der Verkauf von vielen Wegwerfprodukten aus Kunststoff, darunter Teller und Besteck aus Einwegplastik, verboten. Vom Markt verschwunden sind diese Artikel allerdings auch zwei Jahre nach Inkrafttreten der sogenannte Einwegkunststoffverbotsverordnung nicht. Wie ein Marktcheck der Verbraucherzentrale NRW zeigt, sind auf den großen Online-Marktplätzen Plastikgeschirr und -besteck weiterhin zu finden.
„Dass es sich noch um den zulässigen Abverkauf von Restbeständen handelt, ist mehr als fragwürdig. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass das Verkaufsverbot für Wegwerfartikel unterlaufen wird, um weiterhin Kasse zu machen“, kritisiert Philip Heldt, Experte für Umweltfragen bei der Verbraucherzentrale NRW.
Millionenfach aufgesuchte Online-Marktplätze als Einfallstore
Für den Marktcheck hat die Verbraucherzentrale NRW im April und Mai 2023 insgesamt 18 Onlineshops und -Plattformen durchsucht, ob die folgenden verbotenen Artikel dort erhältlich sind: Einweg-Besteck aus Plastik (Gabeln, Löffel, Messer), Einweg-Teller aus Plastik sowie Becher aus geschäumten Polystyrol (Styropor). Durchforstet wurden zum einen die Websites namhafter Super- und Drogeriemärkte sowie Discounter, zum anderen die bekannten großen Verkaufsplattformen. „Positiv ist zu vermerken, dass sich die deutschen Markenketten auch online an das Verbot halten und die Produkte aus ihren Shops verbannt haben“, erläutert Heldt. Styroporbecher waren im Netz gar nicht mehr zu finden.
Wer allerdings „Einwegteller aus Kunststoff“ oder „Plastikgabeln“ bei einer beliebigen Internet-Suchmaschine eingibt, erhält sofort reichlich Angebote. Auf den sechs untersuchten großen Online-Marktplätzen (Amazon, Aliexpress, Ebay, Kaufland, Metro und Otto), die täglich millionenfach genutzt werden, bieten Unterhändler verbotenes Einweggeschirr und -besteck weiterhin an.
Auffällig war die teils wechselnde Bezeichnung der Produkte: Was beim ersten Suchergebnis noch als „Einweg“ bezeichnet wurde, erschien beim weiteren Klicken in der näheren Produktbeschreibung teilweise als „wiederverwendbar“ oder sogar als „Mehrwegalternative“.
Regulierungslücke im Gesetz muss geschlossen werden
Zur besseren Beurteilung wurden daher 15 verschiedene und unterschiedlich deklarierte Kunststoffartikel (Teller, Löffel und Gabeln) über vier große Onlineshops bei 13 verschiedenen Unterhändlern und bei einem Händler direkt bestellt. Bei der Mehrzahl konnten die Verbraucherschützer:innen in der visuellen und haptischen Prüfung keinerlei Unterschied zu herkömmlichen Wegwerfprodukten erkennen. Andere wirkten zwar stabiler und robuster, kamen aber echten Mehrwegalternativen wie zum Beispiel Campinggeschirr nicht nah.
Experte Philip Heldt erklärt das Problem: „In der Einwegkunststoffverbotsverordnung, die Deutschland zur Umsetzung des EU-weiten Verbots erlassen hat, und auch an anderer Stelle wurde nicht klar definiert, ab wann ein Produkt als Einweg oder Mehrweg gilt – etwa durch konkrete Vorschriften zur Materialstärke oder zu anderen Produkteigenschaften. Hier scheint eine Regulierungslücke zu bestehen, die von einigen Anbietern bewusst ausgenutzt wird und die dringend geschlossen werden muss. Denn Verbraucher:innen können bei ihrer Online-Bestellung kaum erkennen, was genau sie kaufen.“
Die Verbraucherzentrale NRW fordert neben einer gesetzlichen Nachbesserung auch bessere Kontrollen durch Umweltämter und andere zuständige Behörden. „Weniger Plastikmüll in unseren Städten, in Parks und in der Landschaft, mehr Schutz von Lebensräumen in den Meeren, weniger Mikroplastik in der Umwelt und letztlich unserer Nahrung – für das Verkaufsverbot von Produkten aus Einwegplastik gibt es gute Gründe. Deshalb muss es auch um- und durchgesetzt werden“, betont Heldt.