- Verbraucherzentrale NRW testet die zehn umsatzstärksten Online-Shops.
- Nachgewiesen nachhaltige Kleidung ist für Verbraucher:innen nur schwer zu finden.
- Online-Händler sollten von ihren Lieferanten mehr unabhängige und anerkannte Siegel verlangen.
Immer mehr Menschen shoppen Mode im Internet. Wer dabei Wert auf ökologisch und sozial nachhaltig hergestellte Kleidungsstücke legt, wird bei den zehn größten Online-Shops jedoch kaum fündig. „Anstatt nachhaltige Produkte als erstes angezeigt zu bekommen, müssen sich Konsument:innen durch ein riesiges Angebot konventioneller Kleidung klicken oder gezielt suchen. Und auch dann stoßen sie oftmals auf selbst kreierte Label oder zweifelhafte Nachhaltigkeitsaussagen“, kritisiert Kerstin Effers, Umweltexpertin der Verbraucherzentrale NRW. „Nachhaltige Kleidung ist bei den Top Ten des Textil-Onlinehandels bisher Mangelware.“
Weil schnelllebige und minderwertig produzierte Mode Umwelt und Klima besonders stark belastet, will die EU-Kommission dieser sogenannten Fast Fashion Einhalt gebieten. Verbraucher:innen sollen stattdessen mehr langlebige, ressourcenschonend und sozialverträglich produzierte Kleidung angeboten bekommen. Dies sieht die im März 2022 vorgelegte Textilstrategie vor, die den Bekleidungssektor in der Europäischen Union bis spätestens 2030 nachhaltiger machen soll.
Doch wie ist es aktuell um die Auffindbarkeit von nachhaltigen Textilien in großen Online-Shops bestellt? Das hat die Verbraucherzentrale NRW in einem Marktcheck überprüft. Dazu wurden die laut Brancheninformationen zehn umsatzstärksten Shops unter die Lupe genommen. Die Tester:innen suchten jeweils nach einer Damenhose Größe 38 und prüften, ob unter den ersten fünf angezeigten Hosen sofort „grüne“ Angebote erkennbar waren. Doch (fast) Fehlanzeige: „Nur vier von 50 Produkten waren als nachhaltig gekennzeichnet“, erklärt Effers.
Selbst gezieltes Suchen führt nicht zu nachhaltigen Produkten
Sieben der zehn Shops boten zwar Suchfilter mit der Überschrift „Nachhaltigkeit“ an oder ermöglichten es, nach Kriterien wie „recyceltes Material“, „verbesserte Herstellung“ oder „ökologogische Materialien“ zu filtern. Doch auch hier war das Ergebnis aus Sicht der Tester:innen ungenügend. „Kein Shop zeigte auf der Trefferliste das deutsche Meta-Siegel ‚Der grüne Knopf‘ oder bekannte und geprüfte Textilsiegel wie ‚Oeko-Tex‘, ,GOTS‘ (Global Organic Textile Standard) oder ‚Fairtrade Cotton‘ an“, so Kerstin Effers. „Stattdessen arbeiteten vier der überprüften Shops mit selbst erfundenen Symbolen und vagen Nachhaltigkeitsaussagen, die Verbraucher:innen keine nachvollziehbaren Informationen bieten.“
Bei einer tiefergehenden Recherche auf den Produktseiten der Damenhosen wurden Textilsiegel in der Regel ebenfalls nicht abgebildet oder erst nach weiterem Scrollen und Klicken sichtbar. „Umfassende Siegel wie der GOTS, der unter anderem ökologischen Faseranbau und eine sozial verantwortliche Herstellung fordert, haben wir unter den insgesamt 71 durchgesehenen Produktseiten überhaupt nicht gefunden“, berichtet Effers. Nach der Verwendung von Suchfiltern tauchten unter 21 angezeigten vermeintlich „nachhaltigen“ Produkten lediglich sechsmal das Label „Cotton made in Africa“, zweimal „Oeko-Tex made in Green“, dreimal „Fair Wear Foundation“ und fünfmal nachhaltigere Viskose von Lenzing auf, jedoch auch drei Hosen, die nur einen Anteil Recycling-Polyester enthielten und deshalb schon als nachhaltig beworben wurden. Ein Händler verwies vage auf Nachhaltigkeitsaussagen des Herstellers.
Nur drei Shops bieten Secondhand-Kleidung an
Eine einfache Möglichkeit, Kleidung gebraucht statt neu zu kaufen, boten lediglich drei der zehn getesteten Shops an. Dort konnten Verbraucher:innen anhand der Bezeichnungen „Preowned“, „Second Hand“ oder „Second love“ direkt in der Navigationsleiste auf der Website den Weg zu Secondhand-Angeboten einschlagen. Anleitungen für kleine Reparaturen, die ebenfalls die Lebensdauer von Kleidungsstücken verlängern können, stellte nur ein Online-Shop zur Verfügung.
„Online-Anbieter müssen Verantwortung übernehmen“
„Im Onlinehandel mit Kleidung und Schuhen werden in Deutschland jährlich Milliarden umgesetzt. Anstatt auf kurzlebige und minderwertig produzierte Fast Fashion zu setzen, müssen Anbieter endlich Verantwortung übernehmen und von ihren Lieferanten einen höheren Anteil unabhängiger und bekannter Textilsiegel verlangen“, fordert die Verbraucherzentrale NRW. „Ökologisch und fair produzierte Kleidung muss vom Nischenprodukt zum Standard werden, um Verbraucher:innen den nachhaltigen Modekonsum leichter zu machen. Außerdem fehlen bisher Serviceangebote, die zu einer langen Nutzung von Kleidung motivieren.“
Weiterführende Infos und Links:
Alle Informationen zum Marktcheck gibt es unter https://www.verbraucherzentrale.nrw/node/88365