- Insgesamt tummeln sich aktuell fast 50 verschiedene Netzbetreiber und Telekommunikationsanbieter von Glasfaser in ganz NRW
- Große Unterschiede bei den Anschlusskosten an das Glasfasernetz
- Anbieter ziehen sich zum Teil aus Gebieten wieder zurück, wenn die Ausbauquote nicht erreicht wird
- Verbraucher:innen berichten von aufdringlichen Vertriebsmethoden an der Haustür
Ohne Zweifel wird der Bedarf an flächendeckend schnellem Internet in Zukunft weiter steigen. Das erklärte Ziel der Bundesregierung: Bis 2030 sollen alle Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen sein. Bisher verlief der Breitbandausbau in Deutschland allerdings eher schleppend. In NRW verfügen bislang nur rund 30 Prozent aller Haushalte über einen Zugang zum Glasfasernetz. Da der Ausbau nicht zentral erfolgt, sondern größtenteils dem Markt überlassen bleibt, zeigt sich an manchen Orten ein regelrechter Ausbaukampf unterschiedlicher Anbieter, der nicht selten an den Haustüren der Verbraucher:innen ausgetragen wird. „Immer wieder erreichen uns dazu Nachfragen und Beschwerden“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, anlässlich des Weltverbrauchertages in der Beratungsstelle Wuppertal. „Grund genug, um uns mittels einer landesweiten Erhebung einen eigenen Eindruck über die Rahmenbedingungen und die jeweilige Ausbausituation in NRW zu verschaffen.“
Für die Erhebung haben die über 60 Beratungsstellen der Verbraucherzentrale NRW seit Ende November mit den örtlichen Breitbandbeauftragten sowie den Netzbetreibern und ausbauenden Unternehmen zahlreiche Gespräche geführt und schriftlich nachgefragt: Welche Netzbetreiber bauen wo aus? Wird der Ausbau öffentlich gefördert? Können die Leitungen auch von anderen Anbietern genutzt werden? Was kostet der Anschluss für Verbraucher:innen jetzt und zu einem späteren Zeitpunkt?
Zieht sich ein Anbieter zurück, verlieren Verträge ihre Gültigkeit
Landesweit konnten die Beratungsstellen insgesamt fast 50 unterschiedliche Netzbetreiber und Telekommunikationsanbieter von Glasfaser identifizieren, die verteilt auf ganz NRW den Markt abbilden. „Lokal zeigten sich dabei große Unterschiede bei der Anbieterdichte. Während an einigen Standorten nur ein Unternehmen ausbaut, tummeln sich an anderen bis zu sieben Wettbewerber, wie allein unsere Befragung ergab“, so Schuldzinski. Da der Ausbau überwiegend privatwirtschaftlich durchgeführt wird, können die Anbieter selbst entscheiden, wo sie ausbauen. Aus wirtschaftlichen Gründen ist die Dichte von Anbietern an besonders attraktiven beziehungsweise bevölkerungsreichen Ausbaustandorten vermutlich besonders hoch. Mancher Anbieter zieht sich aber auch wieder aus einem Gebiet zurück, wenn die geplante Ausbauquote nicht erreicht wird und sich das Engagement für diese Unternehmen wirtschaftlich offenbar nicht mehr rentiert. „Bereits angebahnte Verträge verlieren dann ihre Gültigkeit“, erläutert die Wuppertaler Beratungsstellenleiterin Michelle Schüler-Holdstein. „Das ist ärgerlich für Verbraucher:innen, die gegebenenfalls bereits seit mehreren Monaten auf ihren Anschluss warten und schlussendlich ohne Vertrag dastehen, aber leider rechtens. Das sollte Betroffene aber nicht dazu verleiten, bei mehreren Anbietern parallel zu unterschreiben. Denn im Zweifel hat man dann zwei Vertragsverpflichtungen.“
Open Access: Zugang zu Leitungen für alle als Lösung?
In der Erhebung wurde auch abgefragt, welche Firmen sogenannten Open Access zu den verlegten Breitbandleitungen anbieten. Open Access meint, dass Anbieter die bereits verlegte Glasfaser eines anderen Unternehmens nutzen können, um Verbraucher:innen darüber eigene Telekommunikationsleistungen anzubieten. Auf diese Weise kann beispielsweise ein Doppelausbau von Straßenzügen vermieden werden. Die Befragung ergab, dass zwar vor allem die größeren Anbieter ausgewählten Kooperationspartnern Zugang gewähren, aber eben nicht allen interessierten Konkurrenten. „Dass ein mehrfaches Aufreißen der Straße in keiner Weise nachhaltig ist, liegt auf der Hand“, kommentiert Schuldzinski. „Wir appellieren daher an die Anbieter, mehr ‚echten‘ Open Access anzubieten. Immerhin sprechen wir hier über eine Infrastruktur, die für alle frei zugänglich sein sollte, ähnlich wie das Stromnetz.“
Teils große Unterschiede bei den Anschlusskosten
Eine ähnliche Bandbreite wie bei den Anbietern zeigt sich auch bei deren Kostenpolitik: Während einige Unternehmen kostenlose Anschlüsse in der Vermarktungsphase anbieten, für den nachträglichen Anschluss jedoch Summen von bis zu 2.000 Euro verlangen, ist der Anschluss bei anderen Unternehmen auch später noch kostenlos. „Verbraucher:innen sollten sich vorab gut über die Rahmenbedingungen vor Ort informieren und sich nicht zur Unterschrift drängen lassen“, rät Schuldzinski. „Wichtig ist hier eine individuelle Analyse, auch mit Blick auf die laufenden Tarifkosten, die oft abhängig von der Geschwindigkeit des Anschlusses sind. Hier sollten Verbraucher:innen Verträge wählen, die zu ihren Bedürfnissen passen und sich keine überteuerten Verträge andrehen lassen, deren Übertragungsleistung sie vielleicht gar nicht benötigen.“
Haustürgeschäfte: Keine Verträge voreilig schließen
Eine beliebte Vertriebsmethode von Glasfaserverträgen sind Geschäfte direkt an der Haustür. „Dazu gehen auffällig viele Beschwerden bei uns ein“, berichtet der Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. So erzählt Peter K. (Name geändert), ein betroffener Verbraucher aus Wuppertal: „Bei uns standen bereits über sieben Vertreter im Auftrag desselben Unternehmens vor der Tür, die alle die gleiche Geschichte erzählten. Mit zum Teil erfundenen Behauptungen sollten wir zum Vertragsschluss gedrängt werden.“ Verbraucherberaterin Schüler-Holdstein rät hier ganz klar: „Keinen Vertrag unter Druck abschließen und sich zunächst ein schriftliches Angebot geben lassen, um dieses mit anderen vergleichen zu können.
Haben Verbraucher:innen bereits einen Vertrag an der Haustür abgeschlossen, kann dieser noch bis zu 14 Tage im Nachgang widerrufen werden.“ Schuldzinski ergänzt: „Wir setzen uns beim Gesetzgeber hier für eine Einwilligungslösung ein, die bereits im Vorfeld vor ungewollten Vertreter:innen an der Haustür schützt. Voraussetzung für einen Besuch an der Tür wäre dabei eine vorherige Zustimmung oder der ausdrückliche Wunsch danach. Alternativ sollte die Widerrufsfrist auf 30 Tage verlängert werden, da Verbraucher:innen manchmal erst später bemerken, dass ihnen ein Vertrag untergeschoben wurde, und die Widerrufsfrist dann bereits abgelaufen ist.“
Weiterführende Infos und Links
Alle Informationsangebote zum Thema Glasfaser unter: www.verbraucherzentrale.nrw/glasfaseranschluss