- In drei Jahren hat das Projektteam rund 40 Anbieter wegen Rechtsverstößen bei Produktwerbung abgemahnt
- Darunter bekannte Unternehmen wie DrSmile, Liebscher & Bracht, Stada, Medice und More Nutrition
- Dringend nötig ist mehr Verbraucherschutz im Internet
- Podiumsdiskussion in Berlin mit Forschung und Politik, Medienaufsicht und Influencer:innen
Seit August 2020 schauen die Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz bei Gesundheitswerbung im Internet genau hin. Jurist:innen und Gesundheitsfachleute spüren Rechtsverstöße bei Produktwerbung von Anbietern und Herstellern auf. Rund 40 Anbieter wurden bisher abgemahnt, von DrSmile und More Nutrition über Stada bis zu Liebscher & Bracht. Denn das Ausmaß falscher Heilsversprechen ist groß.
Mit Vertreter:innen aus Politik, Medienaufsicht, Forschung und Praxis hat das Projekt Faktencheck-Gesundheitswerbung der Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz deshalb am 4. Mai 2023 in Berlin über nötige Konsequenzen diskutiert. „Knapp 60 Prozent der Verbraucher:innen schätzen ihr Gesundheitswissen als eingeschränkt oder unzureichend ein“, sagte Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) in einem digitalen Grußwort. „Hier bietet das Projekt ,Faktencheck Gesundheitswerbung‘ eine unabhängige Informationsplattform, die mehr Transparenz bei digitalen Gesundheitsinformationen schafft, um das Gesundheitswissen zu stärken und Verbraucher:innen vor Schäden durch falsche oder irreführende Gesundheitsinformationen zu schützen.“
Wachsende Flut an problematischen Inhalten
Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, betrachtet die wachsende Flut an falschen und teils gesundheitsgefährdenden Informationen im Internet mit Sorge: „Das Projektteam hat seit dem Start hunderte Verbraucherbeschwerden zu Gesundheitsinformationen und Werbung dokumentiert und verschiedene Anbieter und Hersteller abgemahnt und verklagt. Aber um hier grundsätzlich einen besseren Verbraucherschutz zu erreichen, müssen alle verantwortlichen Akteure im System zusammenarbeiten.“ Verstöße gab es gegen diverse Rechtsvorschriften, vom Heilmittelwerbegesetz über die Medizinprodukte- und die Lebensmittel-Verordnung bis zur ärztlichen Berufsordnung.
„Wir brauchen mehr Verbraucherschutz in den sozialen Netzwerken – und mehr Kontrollen“, ist Projektleiterin Gesa Schölgens überzeugt. „Menschen, die sich um ihre Gesundheit sorgen, müssen besser geschützt werden. Viele nehmen beispielsweise Nahrungsergänzungsmittel, ohne zu wissen, dass Heilsversprechen für solche Produkte meist unzulässig sind und die Kombination mit Arzneimitteln riskant sein kann. Wenn fragwürdige Produkte eine medizinisch erprobte Therapie ersetzen, kann es gefährlich werden – so wie bei Kurkuma für Krebskranke.“
Wer digitale Gesundheitsanwendungen nutze und Gesundheitsinformationen im Internet suche, trage immer auch eine Eigenverantwortung, sagte Prof. Dr. Eva Baumann vom Hanover Center for Health Communication des Instituts für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover in ihrer Keynote. „Dennoch sind Politik und Behörden gefordert, die Maßgaben zur Qualitätssicherung der Angebote und Anbieter auszugestalten, Kontrollmöglichkeiten zu schaffen und die unabhängige Forschung in diesem Bereich zu fördern. Denn vielen Menschen fehlt eine digitale Gesundheitskompetenz.“
Die Verbraucherzentralen fordern zum Beispiel seit langem strengere Vorgaben für Nahrungsergänzungsmittel und mehr Kontrollen bei Social-Media-Anbietern wie Facebook, Instagram, YouTube und Co. Gerade dort ist das Projektteam sehr aktiv, um Verbraucher:innen direkt zu erreichen.
Weiterführende Infos und Links:
- Checkliste für gute Gesundheitsinformationen im Netz: www.faktencheck-gesundheitswerbung.de/node/54474
- Gerichtsurteile zu Gesundheitswerbung: www.faktencheck-gesundheitswerbung.de/node/55152
- Factsheet zur Projektbilanz: www.faktencheck-gesundheitswerbung.de/factsheet-faktencheck