Das Wichtigste in Kürze:
- Viele Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die seit 1991 abgeschlossen wurden, sind zu einem Großteil heute noch widerrufbar.
- Nicht jeder Vertrag, der widerrufen werden kann, sollte auch widerrufen werden.
- Die Höhe des Nachschlags hängt stark vom Einzelfall ab.
Verbraucher, die eine Lebens- oder Rentenversicherung für ihre Altersvorsorge abgeschlossen haben, reiben sich die Augen, wenn sie auf schwindende Überschüsse in ihren jährlichen Standmitteilungen stoßen. Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen oder unzureichende Verbraucherinformationen bei Vertragsabschluss eröffnen jedoch vielen Versicherungsnehmern von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen die Möglichkeit, ihre Verträge zu widerrufen. Bei Vertragsschluss hatten die Versicherer ihre Kunden mit der Aussicht gelockt, dass die Verträge am Ende der Laufzeit hohe Überschüsse abwerfen und deutlich mehr als die garantierte Ablaufleistung ausgezahlt werden würde. Fakt jedoch: Aufgrund der Dauer-Niedrigzinsphase und der Kürzung der Beteiligung an den Bewertungsreserven fällt die in Aussicht gestellten Überschussbeteiligung Jahr für Jahr geringer aus. Betroffene sollten ihre Verträge daraufhin prüfen, ob und in welchen Fällen sich ein Widerruf lohnt.
Welche Verträge können widerrufen werden?
Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die zwischen dem 29. Juli 1994 und Ende 2007 abgeschlossen wurden, sind zu einem Großteil heute noch widerrufbar. Dies gilt für klassische, kapitalbildende und fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungsverträge. Ein Widerrufsrecht besteht, wenn der Versicherer bei Vertragsabschluss entweder nicht richtig über das bestehende Widerrufsrecht belehrt oder die gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherinformationen nicht erfüllt hat. Ein Widerruf ist sowohl bei noch laufenden als auch bei bereits gekündigten oder regulär abgelaufenen Verträgen möglich.
Lohnt ein Widerruf immer?
Nein! Nicht jeder Vertrag, der widerrufen werden kann, sollte auch widerrufen werden. Hierfür kann es verschiedene Gründe geben – etwa wenn der Vertrag eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung enthält. Bei einem Widerruf des Hauptvertrages würde diese Zusatzversicherung nämlich ebenfalls entfallen und wäre nur zu schlechteren Konditionen neu abschließbar. Auch ist es denkbar, dass aufgrund eines hohen Garantiezinses bei Altverträgen eine Vertragsfortsetzung rentabler ist als eine Rückabwicklung.
Wie hoch fällt der Nachschlag aus?
Das hängt vom Einzelfall ab. Ist ein Widerspruch möglich, müssen Versicherer den vom Vertrag zurücktretenden Kunden die gezahlten Beiträge plus Zinsen zurückerstatten. Abziehen dürfen die Gesellschaften zum Beispiel den anteiligen Beitrag für den gewährten Todesfallschutz. Versicherungsnehmer sollten jedoch nicht vorschnell kündigen. Als ersten Schritt sollten sie sich informieren, ob ein Widerruf rechtlich möglich ist, er sich finanziell lohnt und keine anderen Gründe gegen eine Vertragsauflösung sprechen. Achtung: Es gibt unseriöse Firmen, die in Kooperation mit Anwaltskanzleien mit kostenlosen Erstprüfungen locken, bei Erfolg aber – zusätzlich zum Anwaltshonorar – eine prozentuale Beteiligung an der Rückzahlung verlangen.
Zur Prüfung der Frage, ob eine Widerrufsmöglichkeit von noch laufenden Lebens- und Rentenversicherungsverträgen besteht und wie Kunden am besten mit ihren Policen umgehen, bietet die Verbraucherzentrale NRW Betroffenen kostenpflichtig zwei Beratungsangebote auf schriftlicher Basis an. Hier findet man auch ausführliche Informationen mit einem Auftragsformular, einer Checkliste zu den erforderlichen Unterlagen sowie einem Musterbrief zur Anforderung fehlender Unterlagen beim Versicherer. Weitere Fragen zum Angebot können gestellt werden unter pruefung@verbraucherzentrale.nrw.