Widerspruch bei der Krankenkasse und Pflegekasse einlegen: So geht's

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Beantragen Sie Leistungen der Kranken- oder Pflegeversicherung, so entscheidet die Kasse, ob Ihnen diese Leistungen zustehen. Halten Sie die Entscheidung für falsch, können Sie sich dagegen mit einem Widerspruch wehren. Wir erklären, worauf Sie bei der Berechnung der Widerspruchsfrist achten sollten.
Krankenkassenkarte

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Entscheidung über einen Antrag wird Ihnen von der Kranken- oder Pflegekasse in einem Bescheid mitgeteilt.
  • Der Bescheid wird in der Regel per Post verschickt.
  • Sollten Sie die Entscheidung für falsch halten, legen Sie Widerspruch ein.
  • Falls der Widerspruch nicht das gewünschte Ergebnis bringt, können Sie vor dem Sozialgericht klagen.
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In welchen Fällen kann ich Widerspruch einlegen?

Die Kassen entscheiden über Leistungen, die Sie dort beantragt haben. Bei der Krankenkasse können Sie diverse Anträge zum Beispiel im Zusammenhang mit Krankenbehandlungen oder Hilfsmittel stellen. Die Pflegekasse ist zuständig für Leistungen im Zusammenhang mit der Pflege. Wenn Sie die Entscheidung der Kranken- oder Pflegekasse für falsch halten, können sie einen Widerspruch einlegen.

Wie lege ich Widerspruch ein?

Den Widerspruch müssen Sie schriftlich einlegen. Es reicht zunächst aus, wenn Sie dazu schreiben, dass Sie einen Widerspruch gegen den Bescheid XY einlegen.

Für den Widerspruch haben Sie einen Monat Zeit. Darauf muss die Kasse in ihrem Bescheid hinweisen oder ist die Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft, beträgt die Frist ein Jahr. 

Der Bescheid muss dann am Ende der Widerspruchsfrist der Kranken- oder Pflegekasse vorliegen. Es reicht also nicht aus, den Widerspruch dann erst abzuschicken.

Die Begründung können Sie dann in Ruhe ausarbeiten und nachträglich schreiben.

Wann beginnt die Widerspruchsfrist?

Bereits wenn Sie den Beginn der Widerspruchsfrist von einem Monat ermitteln, müssen Sie aufpassen und rechnen. Der Beginn der Frist ist gesetzlich geregelt. Nach diesem Gesetz starten Sie bei der Berechnung mit dem Tag, an dem der Bescheid "bekannt gegeben" wurde. Dies ist ein Begriff aus dem Gesetz. Eigentlich ist damit gemeint, dass das Schreiben bei Ihnen angekommen ist. Da das nicht immer genau zu ermitteln ist, wird gesetzlich vermutet, wann Ihnen das Schreiben zugeht. Das nennt sich Zugangsfiktion. 

Seit dem 1. Januar 2025 gilt ein Bescheid "am vierten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben" (§ 37 Absatz 2 SGB X). Diese neue Regelung berücksichtigt, dass die Post nun mehr Zeit hat als vorher, um die Briefe zuzustellen (§ 18 Postrechtsmodernisierungsgesetz). Zuvor war dies der dritte Tag nach der Aufgabe des Briefes.

Sie können den Tag der Bekanntgabe anhand des Datums des Bescheides berechnen. Dann sind Sie auf der sicheren Seite.

Der Bescheid kann natürlich auch früher als am vierten Tag nach der Aufgabe im Briefkasten eintreffen. Wenn dies der Fall ist, beginnt die Frist dennoch am vierten Tag. Wenn Sie den Bescheid also bereits zwei Tage nach dem Datum des Bescheides erhalten, können Sie trotzdem den vierten Tag zur Berechnung heranziehen.

Beispiel:

  • Datum des Bescheids: 6. März
  • Ankunft im Briefkasten: 8. März
  • Zugangsfiktion für den Tag der Bekanntgabe: 10. März
  • Beginn der Frist: 10. März

Was passiert, wenn der Bekanntgabetag auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt?

Für den Tag der Bekanntgabe ist das nicht relevant. Dieser Bekanntgabetag kann daher auch auf das Wochenende oder einen Feiertag fallen. Sollte der vierte Tag nach der Aufgabe bei der Post also auf einen Samstag, Sonntag oder einen Feiertag fallen, so muss dieser Tag dennoch zur Berechnung der Frist herangezogen werden (LSG München, Urteil v. 11.05.2022 – L 2 U 140/13). 

Der Bekanntgabetag kann daher auch der 1. Mai (Tag der Arbeit) oder der 25. Dezember (1. Weihnachtstag) sein. Auch in diesen Fällen beginnt die Frist also am Tag danach (also am 2. Mai oder am 26. Dezember).

Was gilt, wenn Sie den Bescheid später oder gar nicht bekommen haben?

Anders ist es, wenn das Schreiben später bei der betroffenen Person eingeht. Dann müssen Sie genau darstellen, wann der Bescheid bei Ihnen im Briefkasten war. Dazu muss eine dezidierte Darstellung erfolgen, dass das Schreiben später zugegangen ist und warum. Ein Grund könnte ein Poststreik oder eine falsche Adresse sein. Gibt es also einen Anlass daran zu zweifeln, dass das Schreiben am vierten Tag im Briefkasten lag, sagt das Gesetz, dass die Annahme des Bekanntgabetages nicht gilt, sondern der von Ihnen benannte Tag.

Aufpassen müssen Sie, wenn Sie nicht den Briefkasten öffnen können, weil Sie zum Beispiel erkrankt sind oder sich im Urlaub befinden. Dann gilt trotzdem der vierte Tag als Bekanntgabetag, und ist daher für die Frist relevant.

Tipp: Beauftragen Sie dann eine Person, für Sie regelmäßig den Briefkasten zu öffnen und in Ihre Post zu schauen (zum Beispiel mit einer Vollmacht).

Wenn das Schreiben gar nicht angekommen ist, gilt der Bekanntgabetag nicht. Der Zugang muss dann von der Kranken- oder Pflegekasse nachgewiesen werden.

Wie wird die Widerspruchsfrist berechnet?

Der Tag des Fristbeginns ist der Tag nach der Bekanntgabe. Ab diesem Tag beträgt die Frist einen Monat. Wie diese Monatsfrist berechnet wird, richtet sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 188 Abs.2 BGB). Hier ist geregelt, dass die Monatsfrist mit dem Tag des folgenden Monats um 24 Uhr endet, der auf den Beginn der Frist folgt.

Beispiel

  • Fristbeginn: 4. April 2025
  • Fristende: 4. Mai 2025

Schwieriger wird es, wenn es diesen Tag im folgenden Monat gar nicht gibt. In dem Fall endet die Frist mit dem Ablauf des letzten Monatstages.

Beispiel

  • Fristanfang: 31. Januar 2025 (Monatsende)
  • Fristende: 28.02.2025 (Monatsende)

Was passiert, wenn das Fristende auf ein Wochenende oder Feiertag fällt?

Bei der Berechnung der Frist für den Widerspruch spielt es eine große Rolle, ob diese an einem Wochenende oder einem Feiertag endet. Laut Gesetz verschiebt sich das Ende einer Frist, wenn dies auf einen Samstag oder Sonntag fällt. In dem Fall endet die Frist in der Regel am Montag (wenn dies nicht ein Feiertag ist).

Eine weitere Besonderheit gilt für Feiertage. Hier ist allerdings zu unterscheiden zwischen bundeseinheitlichen und regionalen Feiertagen.

Endet die Frist auf einem bundeseinheitlichen Feiertag, verschiebt sich das Fristende auf den darauf folgenden Werktag. Bundeseinheitliche Feiertag sind zum Beispiel der 1. Mai, der 3. Oktober, der 25. und 26. Dezember und Ostern. Bei diesen Tagen verschiebt sich das Fristende auf den nächsten Tag (es sei denn, dies ist auch ein Feiertag oder ein Wochenende).

Bei regionalen Feiertagen verschiebt sich nur die Frist, wenn dieser Feiertag auch an dem Hauptsitz der Kasse gilt. Das müssen Sie also prüfen. In jedem Bundesland gibt es regionale Feiertage wie zum Beispiel Christi Himmelfahrt oder Fronleichnam. Beispiel: Der Hauptsitz der Techniker Krankenkasse ist Hamburg  – dort ist Fronleichnam kein Feiertag.

Beispielrechnung:

Sie holen am 17. März 2025 den Bescheid der Pflegekasse aus Ihrem Briefkasten und sind enttäuscht. Der Pflegegrad wurde abgelehnt. Sie möchten dagegen Widerspruch einlegen. Um die Frist zu berechnen, schauen Sie auf das Datum des Bescheides und sehen, dass der Bescheid am 14. März 2025 aufgegeben wurde.

  • Datum des Bescheides: 17. März 2025
  • Bekanntgabe des Bescheides: 21. März 2025 (vierter Tage nach Abgabe)
  • Beginn der Frist für den Widerspruch: 21. März 2025
  • Ende der Frist:
    • nicht 21. April 2025, da dies ein Feiertag ist (Ostermontag),
    • 22. April 2025 (Dienstag als erster Werktag nach Ostern).

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