Auf was sollte ich bei der Verwendung von Ecdysteron-Nahrungsergänzungsmitteln achten?
- Ecdysteron-haltige Produkte aus Cyanotis arachnoidea sind in der EU nicht zugelassen.
- Ecdysteron beziehungsweise Spinatpulver (getrockneter Spinat) könnte eine Hilfe gegen den Muskelabbau bei älteren Menschen und bei Frauen nach der Menopause sein – aber nur, wenn es mit moderatem Muskeltraining verbunden ist. Dafür sind keine großen Mengen erforderlich, in den oben genannten Studien wurden 12 mg Ecdysteron pro Tag eingesetzt (immerhin auch schon mehr als das 100-fache der durchschnittlichen Aufnahmemenge von 0,1 mg/Tag). Diese Menge ist auch in 100 Gramm frischem Spinat oder etwa 3 Gramm Spinatpulver enthalten.
- Die in China heimische Pflanze Cyanotis arachnoidea enthält sehr große Mengen von Ecdysteron. Der Extrakt ist damit sehr viel preiswerter als der aus Spinat. Tatsächlich zeigten Untersuchungen, dass angeblicher Spinatextrakt mit Cyanotis-Extrakt gestreckt/verfälscht war.
- Im Bodybuilding-Bereich werden von Anbietern oft Tagesmengen von bis zu mehreren Gramm Ecdysteron empfohlen. Das ist mehr als das 10.000-fache dessen, was in Studien eingesetzt wurde. Sicherheitsbelege für so große Mengen fehlen.
- Als mögliche Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden bekannt. Schädliche Wirkungen wie bei Testosteron-Derivaten treten wohl eher nicht auf. Bei Mengen ab 350 mg zweimal täglich wurde von Rückenschmerzen, Muskelkrämpfen, Steifheit und Muskelschmerzen berichtet.
- Sportler:innen aufgepasst: Die Welt-Anti-Doping Agentur (WADA) hat Ecdysteron als leistungssteigernd eingestuft. Seit 2020 steht die Substanz daher auf der Beobachtungsliste potenziell missbräuchlich genutzter Stoffe. Gefordert wird, Ecdysteron in die Kategorie verbotener anaboler Stoffe aufzunehmen. Analytische Methoden sind etabliert, so dass es sowohl im Blut als auch im Urin nachweisbar ist. Allerdings ist es eben auch möglich, wirksame Mengen einfach nur durch das Essen von großen Mengen Spinat aufzunehmen.
- Mit liposomalem Ecdysteron sollten Sie besonders vorsichtig sein, da hier die Bioverfügbarkeit – ähnlich wie bei Curcumin – unkontrolliert erhöht sein kann.
- Wer Medikamente nimmt, sollte sich sicherheitshalber vor der Verwendung pharmazeutischen Rat wegen möglicher Wechselwirkungen einholen.
Was sind Ecdysteroide, was ist Ecdysteron?
Ecdysteroide sind Pflanzenhormone, die sowohl in Pflanzen als auch in Tieren vorkommen. Es gibt mehr als 300 verschiedene Abkömmlinge (Derivate) davon. Einer davon, das Ecdysteron (20-Hydroxyecdyson) schützt als sekundärer Pflanzenstoff Pflanzen vor Fraßfeinden, also Insekten. Bei Insekten und Krebsen wirkt es als Häutungshormon. In Spinat (auch in den Stängeln) ist besonders viel davon enthalten. Die Gehalte sind allerdings - wie bei pflanzlichen Lebensmitteln üblich - stark schwankend, da sie von vielen Umweltfaktoren beeinflusst werden.
Frischer Spinat (93 % Wasser) enthält je nach Sorte bis zu 80 mg Ecdysteron pro 100 Gramm. Spinatpulver (getrockneter Spinat) enthält demzufolge bis zu 1.000 mg (= 1 Gramm) pro 100 Gramm. In unserem normalen Essen sind vermutlich kaum mehr als 0,1 mg pro Tag enthalten.
Tipp: Ecdysteroide sind nicht nur in Spinat enthalten, sondern auch in weißen Champignons, Spargel, Amaranth und Quinoa.
Zur Gruppe der Ecdysteroide zählt auch das Turkeston, das aus der Pflanze Ajuga Turkestanica gewonnen wird, und ebenfalls als Nahrungsergänzung angeboten wird. Diese Pflanze gilt in der EU als neuartig und darf als Nahrungsergänzungsmittel nicht eingeführt bzw. verkauft werden.
Zum Weiterlesen:
Quellen:
- Dioh W et al. (2023): A Phase 1 study for safety and pharmacokinetics of BIO101 (20-hydroxyecdysone) in healthy young and older adults. J Cachexia Sarcopenia Muscle. 14(3):1259-1273.
- Yuliandra T et al. (2023): Urinary Excretion of Ecdysterone and Its Metabolites Following Spinach Consumption. Mol Nutr Food Res. 67(14):e2200518.
- Piper T, Thevis M (2023): Investigations into the human metabolism of ecdysterone. Drug Test Anal. 15(11-12):1503-1520.
- Herrmann R (2023): Spinat und Ecdysteroide. Ernährung & Medizin 38: 115-119.
- WADA veröffentlicht Verbotsliste für 2020. Mitteilung vom 01.10.2019.
- Isenmann E et al. (2019): Ecdysteroids as non-conventional anabolic agent: performance enhancement by ecdysterone supplementation in humans. Arch Toxicol 93: 1807-1816.
- Parr M (2015): Ecdysteroids as non-conventional anabolic agents: Pharmacodynamics, pharmacokinetics, and detection of ecdysterone. Forschungsprojekt im Auftrag der WADA
- BVL/BfArM: Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen. Stellungnahme zur Einstufung von Produkten, die Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten (Stand: 16.12.2020), eingesehen am 07.06.2024.
- Hunyadi A et al. (2016): Ecdysteroid-containing food supplements from Cyanotis arachnoidea on the European market: evidence for spinach product counterfeiting. Scientific Report 6: 37322.
- Tódt G et al. (2021): A Commercial Extract of Cyanotis arachnoidea Roots as a Source of Unusual Ecdysteroid Derivatives with Insect Hormone Receptor Binding Activity. J Nat Prod 84 (7):1870–1881.
- Meldung 2025.0430 im Schnellwarnsystem RASFF vom 22.01.2025.
- Lafont R et al. (2021). Ecdysteroids. Encyclopedia, 1(4), 1267-1302.
- Todorova V et al. (2024). Ecdysterone and Turkesterone-Compounds with Prominent Potential in Sport and Healthy Nutrition. Nutrients, 16(9), 1382.