Die chinesische Regierung hat in den letzten Jahren die Region Xinjiang zu einer Hauptregion des Baumwollanbaus in China entwickelt. In Xinjiang werden 20% der Weltproduktion an Baumwolle produziert. Die in diesem Gebiet beheimatete Ethnie der Uiguren wird von der Zentralregierung stark unterdrückt. Neben der zwangsweisen Internierung in so genannten Schulungszentren, in denen nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen aktuell zwischen 0,5 und 1,5 Millionen Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen, gibt es Berichte über Zwangsarbeit der dort untergebrachten Menschen im Baumwollanbau und in der Weiterverarbeitung von Baumwolle zu Garnen. Die Vorwürfe werden von der chinesischen Regierung stets bestritten. Große europäische Produzenten stritten ab, Baumwolle aus der Region Xinjiang zu verwenden. Recherchen vom Rechercheverbund, die Baumwollprodukte mit der Methode des Isotopenanalyse untersuchen ließen, belegen aber das Gegenteil.
Leder: Misshandlung von Tieren, Vergiftung von Menschen und Umwelt durch Gerbereichemikalien
Das Land mit der größten Lederindustrie ist Bangladesch. Vorwiegend wird für Schuhe Rindsleder benutzt. Die Kühe dafür werden oftmals unter schlimmsten Bedingungen von weit her, teils aus Indien, lebendig nach Bangladesch gebracht. Auch die Schlachtung findet in vielen Fällen nicht tiergerecht statt. Besonders brutal ist die Gewinnung von Schlangenleder, da die Schlangen oftmals lebendig gehäutet werden. Die Haut lässt sich so leichter abziehen, als wenn man die Tiere vorher töten würde.
Zur Verarbeitung des Leders benötigt man diverse Chemikalien, unter anderem Chromsalze, Laugen und Farbstoffe. Viele davon sind toxisch für die Gerber:innen, die sie meist ohne oder nur mit rudimentärer Schutzkleidung verwenden und großflächigen Hautkontakt haben. Berufskrankheiten wie Schwermetallvergiftungen und Krebs durch diese Chemikalien sind eher die Regel als die Ausnahme. Die Gerbereiabwässer gelangen oft ungeklärt in Flüsse und vergiften dort die Pflanzen und Tiere.
Eine für Umwelt und Gesundheit verträglichere Alternative ist die Gerbung mit pflanzlichen Substanzen wie Eichenrinde. Sie wird jedoch nur selten durchgeführt, da sie deutlich zeitaufwändiger und damit teurer ist. Dennoch haben einige Schuhersteller Schuhe aus Pflanzengerbung im Angebot. In der Regel wird diese Art der Gerbung besonders beworben. Gerbereien innerhalb Europas gerben zwar auch vorwiegend rein chemisch, hier gelten jedoch strengere Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen, so dass diese Produkte zu bevorzugen sind.
Arbeitsbedingungen in der Produktionskette
Innerhalb der textilen Wertschöpfungskette gibt es extrem schlechte Arbeitsbedingungen. Hauptprobleme sind übermäßig hohe Arbeitszeiten von über 60 Stunden pro Woche, geringe Löhne, die nicht das Existenzminimum sichern, restriktive Arbeitsbedingungen - wie Kontrolle, Bedrohung, sexuelle Belästigung -, unzureichende Hygienebedingungen, Verhinderung von Gewerkschaften, Verstöße gegen die Arbeitssicherheit und infolge dessen Verletzungen und Vergiftungen. Hinzu kommen mangelnder Schutz von Schwangeren bzw. Entlassungen bei Krankheit oder Schwangerschaft. Die genannten Bedingungen treffen auf die Nähereien für Textilien und Schuhe je nach Land in verschiedenen Schweregraden und Ausprägungen zu. Man kann nicht sagen, dass Textilien aus einem speziellen Billiglohnland generell besser produziert werden als aus einem anderen Billiglohnland. Die Länder stehen untereinander in Konkurrenzkampf, da die globale Textilindustrie ihre Arbeitsplätze schnell verlegen kann, sollte ein Land zu sehr auf die Einhaltung von Menschenrechten und angemessenen Mindestlöhnen bestehen.
Kinderarbeit in der Textilindustrie findet vor allem im Anbau und in der Vorproduktion statt, z.B. Anbau der Baumwolle, Entfernen der Baumwollsamen oder dem Gerben von Leder. In großen Nähereien ist Kinderarbeit eher unüblich, umso mehr jedoch in kleinen Veredelungsbetrieben - in denen etwa Pailletten aufgestickt werden - oder in Heimarbeit.
Sowohl die türkische als auch die italienische Textilindustrie beschäftigt häufig illegal eingereiste Personen, da diese aufgrund ihres Status keinen Rechtsbeistand bei Arbeitsrechtsverletzungen haben und sich mit Dumpinglöhnen zufrieden geben, um überhaupt ein Auskommen zu haben.
Auch Angestellte im Textilhandel in Deutschland haben teilweise schlechte Arbeitsbedingungen wie geringe Löhne, Verhinderung von Betriebsratsarbeit, schlechte Bezahlung der ausliefernden Fahrer:innen im Onlinehandel und Scheinselbstständigkeit. Arbeitende, die die in Containern angelieferte Ware konfektionieren, sind den oft verwendeten Containerbegasungsmitteln ausgesetzt. Vergiftungsfälle sind bekannt.
Ob das Europäische Lieferkettengesetz hier zu einer Verbesserung führen kann, ist noch völlig offen und hängt von der genauen Ausprägung und Überwachung des Gesetzes ab. Das deutsche Lieferkettengesetz wird von NGO als nicht ausreichend angesehen, um angemessene Verbesserungen zu erwirken, auch wenn es ein erster Schritt Richtung fairer Lieferketten ist.