Lebensversicherungen im Run-Off: Das müssen Verbraucher jetzt wissen

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Die Generali will die Mehrheit an ihrer Lebensversicherungssparte verkaufen. Wer eine entsprechende Lebensversicherung besitzt, sollte sie aber nicht voreilig kündigen, sondern sich am besten unabhängig beraten lassen.
Lebensversicherung

Die Generali will die Mehrheit an ihrer Lebensversicherungssparte verkaufen. Wer eine entsprechende Lebensversicherung besitzt, sollte sie aber nicht voreilig kündigen, sondern sich am besten unabhängig beraten lassen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Generali Lebensversicherung hat am 30. April 2019 ihre Lebensversicherungssparte an die Viridium Gruppe verkauft. Auch andere große Lebensversicherer prüfen einen sogenannten Run-Off.
  • Bei einem Run-Off stellt der Versicherer das Neugeschäft ein und wickelt nur noch seinen Bestand ganz oder teilweise ab. Auch wenn er die Versicherungen auf ein anderes Unternehmen überträgt, gelten weiter die vereinbarten Rechte und Pflichten.
  • Aufgrund von Run-Off-Plänen besteht für Versicherte also kein akuter Handlungsbedarf. Verträge sollten nicht überstürzt gekündigt werden. Lassen Sie sich vorab neutral und unabhängig beraten.
  • Bei allen Überlegungen mit bedenken: Viele Verträge können heute noch widerrufen werden. Wir prüfen die Widerrufsmöglichkeiten für Sie!
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Um fürs Alter vorzusorgen oder Angehörige finanziell abzusichern, haben viele Verbraucher in den letzten Jahrzehnten eine Lebensversicherung abgeschlossen. Eine langfristige Vertragsbindung, die auf Vertrauen basiert. Doch genau dieses Vertrauen wird seitens der Verbraucher momentan stark auf die Probe gestellt. Denn Millionen deutsche Besitzer von Lebensversicherungen müssen sich wohl auf einen neuen Vertragspartner einstellen. Gleich mehrere große deutsche Versicherer denken über einen Run-Off nach.

Die Generali hatte im Juli 2018 bekannt gegeben, dass sie die Mehrheit ihrer Generali Lebensversicherung AG veräußern wolle. Der Verkauf musste noch von der Aufsichtsbehörde BaFin genehmigt werden und wurde dann am 30. April 2019 mit der Übertragung der Anteile an die Viridium Gruppe abgeschlossen. Die Viridium Gruppe führt die Verträge als „Proxalto Lebensveresicherung AG“ fort. 

Was ist ein Run-Off?
Bei einem Run-Off stellt der Versicherer das Neugeschäft ein und wickelt nur noch einen Teil- oder Gesamtbestand an Policen ab. Die Abwicklung der alten Verträge kann auch auf eine andere (Run-Off-)Versicherungsgesellschaft übertragen bzw. verkauft werden.
Erlaubt ist dies nach § 13 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) - mit Auflagen: Die Übertragung des Bestandes auf ein anderes Versicherungsunternehmen bedarf der vorherigen Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Die Aufsichtsbehörde ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Interessen der Versicherten zu wahren und zu prüfen, ob der aufnehmende Versicherer die Verpflichtungen aus den Verträgen auch künftig zuverlässig erfüllen kann. Das gilt insbesondere für Bestände von Versicherern, die zuvor über sogenannte Gewinnabführungsverträge die Gewinne an ihren Mutterkonzern abgeführt haben, der nach einer Übertragung jedoch nicht mehr für die Erfüllung der Verträge haften würde.

Run-Offs sind in Deutschland kein neues Phänomen: Rund 1,8 Millionen Lebensversicherungsverträge wurden in der Vergangenheit bereits von sogenannten Run-Off-Gesellschaften verwaltet. Durch den Verkauf der Generali Lebensversicherung und der Diskussion um weitere Verkäufe der Bestände von deutschen Lebensversicherern an internationale Investoren erreicht das Thema in jüngerer Vergangenheit allerdings eine Größenordnung, die es so in Deutschland noch nicht gab.

Eine Entwicklung, die für das Vertrauen der Kunden in die Versicherungsbranche wohl kaum förderlich sein dürfte. Die große Sorge: Die Interessen der Versicherungsnehmer könnten gegenüber den Gewinnbestrebungen der Investoren in den Hintergrund rücken. Denn inwieweit ein neuer Versicherer noch Überschüsse für die Versicherten erwirtschaftet, bleibt fraglich und abzuwarten. Allzu großes Interesse dürften Investoren hieran zumindest nicht haben. Zudem: Ein Versicherer, der nicht mehr am Wettbewerb teilnimmt, dürfte weniger Anreize haben, sich als fairer und service-orientierter Vertragspartner zu präsentieren. Das könnte insbesondere auch bei eingeschlossenen Zusatzversicherungen, wie einer Berufsunfähigkeitsrente, von Nachteil sein. Im Leistungsfall stünde dann plötzlich ein anderer Versicherer mit anderem Regulierungsverhalten usw. auf der Gegenseite.

Das bedeuten ein Run-Off für Verbraucher

  • Für die Verbraucher besteht kein akuter Handlungsbedarf. Kein Kunde muss überstürzt kündigen, denn bei einem Run-Off laufen die Verträge unverändert weiter. Die Käufer müssen die versprochenen Garantien zahlen und stehen dafür gerade, die bereits zugesicherten Überschussbeteiligungen zu erfüllen. Das gesamte Kundenvermögen eines Bestandes bleibt den betroffenen Verträgen erhalten.
  • Verbraucher sollten vor einem geplanten Run-Off ihres Versicherers abwarten, ob ihr Bestand übertragen werden soll und an wen. Auf dieser Grundlage können sie dann überlegen, ob Handlungsbedarf besteht. Das ist immer auch von den individuellen Umständen abhängig (z.B. von Versicherer, Vertragslaufzeit, Garantiezins, Zusatzversicherungen wie etwa Berufsunfähigkeitsversicherung etc.).
  • Laut Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist ein Verkauf von Verträgen ins Ausland ausgeschlossen. Somit wäre ein neuer Versicherer auch weiterhin unter ihrer Aufsicht und es gälten die Sicherungseinrichtungen der deutschen Lebensversicherer.
  • Nach einem Verkauf sollte die jährliche Standmitteilung genau gelesen und mit den Standmitteilungen der vergangenen Jahre verglichen werden. Sofern nicht nachvollziehbare Veränderungen auftauchen, wäre eine Aufklärung anzuraten.
  • Verbraucher sollten die aktuelle Diskussion zum Anlass nehmen, ihre Altersvorsorge als Ganzes auf den Prüfstand zu stellen und sich gegebenenfalls dazu unabhängig beraten zu lassen.

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