Ausschluss des Sonderkündigungsrechts bei Erhöhung von Steuern, Abgaben oder Umlagen unwirksam - Zwingende Erteilung einer Einzugsermächtigung unzulässig

Stand:
BGH vom 05.07.2017 (VIII ZR 163/16)
OLG Düsseldorf vom 05.07.2016 (I-20 U 11/16)
LG Düsseldorf vom 22.10.2015 (14d O 4/15)
Off

In der Energiebranche haben sich Klauseln breit gemacht, die es dem Stromlieferanten gestatten, gestiegene oder neu eingeführte "hoheitliche Belastungen" wie etwa die EEG-Umlage an die Kunden weiterzugeben, ohne dass diese rechtzeitig vorher informiert werden müssen und den Stromliefervertrag kündigen dürfen. Im vorliegenden Fall hatten bereits die Vorinstanzen (Landgericht Düsseldorf und Oberlandesgericht Düsseldorf) dem Unternehmen Stromio GmbH eine derartige Klausel untersagt. Der BGH wies nun die Revision des Unternehmens zurück und bestätigte die Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidungen.

Der BGH stellt fest, dass die "beanstandeten Klauseln gegen die zwingenden Vorgaben des § 41 Abs. 3 EnWG … verstoßen." Nach dieser Vorschrift müssen Letztverbraucher rechtzeitig über eine Vertragsänderung sowie über ihr Recht zur fristlosen Kündigung informiert werden. Mit Verweis auf seine insoweit bereits vorliegende Rechtsprechung macht der BGH nochmals klar, dass die Vorschrift des § 41 Abs. 3 EnWG grundsätzlich auch für Preisänderungen gilt, weil es sich auch dabei um eine "Vertragsänderung" handelt.

Das Unternehmen hatte sich zudem mit dem Argument gewehrt, dass es sich jedenfalls nicht um eine "einseitige" Vertragsänderung handele; denn es gebe ja nur die ihm selbst auferlegten "hoheitlichen Belastungen" an die Kunden weiter und könne sich dem nicht entziehen. Auch von diesem Argument ließ sich der BGH nicht überzeugen. Vielmehr ergebe sich eindeutig aus den gesetzlichen Vorschriften und der Gesetzesbegründung, dass § 41 Abs. 3 EnWG auch für die Neueinführung oder die Änderung von Steuern, Abgaben und anderen "hoheitlichen Belastungen" gilt. Behält sich der Stromlieferant in seinen Geschäftsbedingungen das Recht zur Weitergabe solcher Kostenänderungen nach billigem Ermessen vor, handele es sich um eine "einseitige" Vertragsänderung. Im vorliegenden Fall ergab sich schon aus der Formulierung der Klausel "ist … berechtigt", dass das Unternehmen Kostenänderungen nicht automatisch weitergeben wollte.

Fazit: Will ein Stromlieferant aufgrund gestiegener Kosten seine Preise einseitig erhöhen, muss er seinen Preis insgesamt neu kalkulieren und kann nicht einfach einzelne Kostenpositionen separat an die Kunden weiterreichen. Verbraucher müssen dann rechtzeitig über die Änderung informiert werden und können den Stromliefervertrag zum Zeitpunkt der Änderung kündigen.

Soweit nichts anderes angegeben ist, sind alle in unserer Datenbank enthaltenen Urteile rechtskräftig.

BGH vom 05.07.2017 (VIII ZR 163/16).pdf

OLG Düsseldorf vom 05.07.2016 (I-20 U 11/16).pdf

LG Düsseldorf vom 22.10.2015 (14d O 4/15).pdf

Fernbedienung wird auf Fernseher gerichtet

Klage wegen service-rundfunkbeitrag.de gegen SSS-Software Special Service GmbH

Die SSS-Software Special Service GmbH macht auf service-rundfunkbeitrag.de nicht ausreichend kenntlich, dass sie Geld für eigentlich kostenlosen Service verlangt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagt vor dem OLG Koblenz auf Unterlassung und hat eine Sammelklage eingereicht.
Telefonberatung in Nordrhein-Westfalen

So erreichen Sie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

Unsere Beratungsstellen erreichen Sie per Telefon und E-Mail. Auch über eine zentrale Hotline, das zentrale Kontaktformular auf unserer Internetseite sowie bei Facebook, Instagram und Twitter können Sie uns kontaktieren.
Grafische Darstellung einer Frau, die ungeduldig auf ihre Armbanduhr schaut. Rechts daneben befindet sich das Logo von Cleverbuy, darunter eine Grafik von einem Smartphone, von der ein roter Pfeil auf einen Stapel Euroscheine führt. Rechts daneben befindet sich ein großes, rotes Ausrufezeichen, in dem "Warnung" steht.

Warnung vor Cleverbuy: Auszahlung lässt auf sich warten

"Clever Technik kaufen und verkaufen" heißt es auf der Website der Ankaufplattform Cleverbuy. Gar nicht clever ist die oft lange Zeit, die verstreicht, bis Nutzer:innen ihr Geld für Smartphone und Co. ausgezahlt bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt daher vor dem Anbieter.