Wir sind überzeugt, dass Whistleblower (im deutschen Sprachraum auch Hinweisgeber:innen) durch ihren Einsatz einen wichtigen Beitrag zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit leisten. Es ist unsere Überzeugung, dass der Hinweis auf Rechtsbrüche und schwerwiegende Missstände nicht bestraft werden oder zu anderweitigen Nachteilen für den Hinweisgebenden führen darf. Wir treten deshalb für einen besseren Rechtsschutz für Whistleblower ein und wollen diesem Grundsatz auch in unserer eigenen Organisation gerecht werden. Dieser Leitfaden beschreibt, wie wir Whistleblowing in der Verbraucherzentrale NRW ermöglichen möchten.
Was bedeutet Whistleblower?
Ein Whistleblower ist kein Verräter. Vielmehr handelt es sich um den Anglizismus für eine Person, die für die Öffentlichkeit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang öffentlich bekannt macht, wie z. B. im Gammelfleischskandal oder bei Missständen im Gesundheitssystem zuletzt geschehen.
Was können Whistleblower in der Verbraucherzentrale NRW melden?
Whistleblower können Verstöße gemäß § 2 Hinweisgeberschutzgesetz melden. Dazu gehören u. a. strafbares Verhalten und bußgeldbewehrte Verstöße, wenn die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Außerdem können Verstöße gegen im Gesetz näher bezeichnete Vorschriften des Bundes und der Länder oder unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft mit Vorgaben z. B. zum Umweltschutz, Schutz personenbezogener Daten, Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation oder zur Sicherheit der Informationstechnik gemeldet werden.
Wer kann Whistleblower in der Verbraucherzentrale NRW sein?
Whistleblower können sein: Arbeitnehmer:innen, Auszubildende, Praktikant:innen, Vereinsmitglieder sowie ehrenamtlich tätige Personen unserer Organisation. Darüber hinaus können Personen Hinweise geben, deren Arbeitsverhältnis noch nicht begonnen hat und denen beispielsweise während des Einstellungsverfahrens oder anderer vorvertraglicher Verhandlungen ein Rechtsverstoß aufgefallen ist. Auch Mitarbeitende, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, können Whistleblower sein.
Wann sind Whistleblower geschützt?
Whistleblower sind nur dann vor Repressalien geschützt, wenn sie gutgläubig (d. h. ohne wissentliche oder grob fahrlässige Einschätzungsfehler) davon ausgehen durften, dass sie die Wahrheit berichten und der gemeldete Verstoß unter das Hinweisgeberschutzgesetz fällt. Geschützt sind sie dagegen nicht, wenn die Meldung erkennbar wissentlich oder grob fahrlässig falsch ist, die Informationen schon vollständig öffentlich bekannt waren oder bloße Spekulationen bzw. Gerüchte weitergegeben werden. Ebenfalls nicht geschützt sind Personen, die keine nähere Beziehung zu unserer Organisation haben. Die Motivation für das Whistleblowing ist dabei ohne Belang.
Über welche Kanäle können Verstöße gemeldet werden?
Whistleblower können Fehlverhalten sowohl innerhalb unserer Organisation (intern) als auch an staatliche Behörden (extern) melden. Sie können frei wählen, ob sie Verstöße, die in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fallen, intern oder extern melden. Whistleblower dürfen Informationen über relevante Rechtsverstöße jedoch nur im Ausnahmefall direkt der allgemeinen Öffentlichkeit, z.B. über Medien, zugänglich machen (weitere Details dazu unter „Öffentliches Zugänglichmachen von Informationen“).
Verantwortliche unserer internen Meldestelle und deren Aufgaben:
Folgende Vertrauenspersonen benennen wir für die Verbraucherzentrale NRW als Verantwortliche unserer internen Meldestelle:
- Beate Wagner
- Elke Weidenbach
Die interne Meldestelle bestätigt den Eingang einer Meldung, prüft, ob sie vom Hinweisgeberschutzgesetz geschützt ist und ob sie stichhaltig ist. Sie ermittelt und bewertet den Sachverhalt, ergreift ggf. Folgemaßnahmen und hält, wenn möglich, mit den Whistleblowern Kontakt bzw. gibt ihnen entsprechende Rückmeldung.
Auf Wunsch der hinweisgebenden Person ermöglicht die interne Meldestelle ein persönliches Treffen mit einer der Vertrauenspersonen.
Es gilt das Vertraulichkeitsgebot:
Nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Hinweisgebenden dürfen personenbezogene Informationen, wie die Identität der Whistleblower oder über Umstände, die Rückschlüsse auf deren Identität zulassen, an dritte Personen preisgegeben werden, die nicht für die Entgegennahme von Meldungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen bzw. für deren Unterstützung bei der Erfüllung dieser Aufgaben zuständig sind.
Das Vertraulichkeitsgebot gilt nicht, wenn die hinweisgebende Person vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Informationen meldet. Die gemeldeten Informationen dürfen auch an die zuständigen Behörden weitergegeben werden u. a. in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung.
Die Identität beschuldigter Person(en) wird ebenfalls vertraulich behandelt und ausschließlich zu Zwecken preisgegeben, die der Aufklärung des Sachverhalts dienen.
Um dies zu gewährleisten, sind die mit den Aufgaben der Meldestelle beauftragten Personen unabhängig, d. h. in diesen Angelegenheiten nicht an Weisungen der Geschäftsleitung gebunden.
Eine Meldung kann bei der Verbraucherzentrale NRW über folgende Kommunikationswege erfolgen:
- In der Regel zwischen 9 Uhr und 16 Uhr von montags bis freitags telefonisch unter der Telefonnummer: 0157-80665874. Außerhalb dieser Zeiten ist zur Entgegennahme von Nachrichten ein Anrufbeantworter geschaltet.
- Postalisch zu Händen der Vertrauenspersonen, Helmholtzstraße 19, 40215 Düsseldorf, oder
- per E-Mail an: hinweis@vz-nrw.org.
Sonstige (interne) Meldewege und Beschwerderechte (z. B. Betriebsrat) bleiben von diesem Leitfaden unberührt. Die Betroffenen dürfen auch insofern frei wählen, an wen sie sich wenden.
Externe Meldestellen
Die Whistleblower können sich auch an Staatsanwaltschaften, Behörden, die im deutschen Hinweisgeberschutzgesetz Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 beauftragt werden, sowie sonstige für die jeweiligen Rechtsverstöße zuständigen Behörden wenden.
Öffentliches Zugänglichmachen von Informationen
Eine Meldung von Verstößen an die Öffentlichkeit (z. B. über Medien, Presse, soziale Netzwerke) ist zunächst schutzwürdig, wenn Whistleblower einen Verstoß extern gemeldet, aber keine fristgerechte Rückmeldung erhalten haben bzw. keine geeigneten Folgemaßnahmen getroffen wurden. Die hinweisgebenden Personen dürfen die Informationen außerdem veröffentlichen, wenn sie Grund zur Annahme haben, dass eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses droht (Notfall, irreversible Schäden), Repressalien zu befürchten sind, Beweismittel unterdrückt oder vernichtet werden könnten, Absprachen zwischen der zuständigen externen Meldestelle und dem Urheber des Verstoßes bestehen könnten oder aufgrund sonstiger besonderer Umstände die Aussichten gering sind, dass die externe Meldestelle wirksame Folgemaßnahmen einleiten wird.
Wie geht es nach der Meldung an die interne Meldestelle der Verbraucherzentrale NRW weiter?
Die interne Meldestelle
- bestätigt der hinweisgebenden Person den Eingang der Beschwerde spätestens sieben Tage nach Eingang, wenn Kontaktdaten des Whistleblowers vorliegen,
- wertet die Beschwerde aus, kontrolliert, ob der gemeldete Verstoß geprüft werden kann sowie die Stichhaltigkeit der Angaben,
- erörtert ggf. den Sachverhalt mit dem Hinweisgeber und entscheidet in Abhängigkeit von den thematisierten Verstößen und/oder Auffälligkeiten über die nächsten Ermittlungsschritte sowie ggf. Folgemaßnahmen,
- gibt spätestens drei Monate nach der Bestätigung des Eingangs der Meldung oder, wenn keine Bestätigung erfolgte, drei Monate und sieben Tage später, der hinweisgebenden Person eine Rückmeldung, wenn Kontaktdaten des Whistleblowers vorliegen.
Die Rückmeldung umfasst die Mitteilung geplanter sowie bereits ergriffener Folgemaßnahmen mit entsprechender Begründung. Eine Rückmeldung an die hinweisgebende Person darf nur erfolgen, wenn dadurch interne Nachforschungen oder Ermittlungen nicht berührt und die Rechte der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind oder die in der Meldung genannt werden, durch diese Rückmeldung nicht beeinträchtigt werden.
Verbot von Nachteilen oder Repressalien
Aufgrund schutzwürdigen Whistleblowings dürfen keine Repressalien wie Suspendierungen, Kündigungen, negative Leistungsbeurteilungen, Schadensersatzforderungen, Gehaltsminderungen, Maßregeln, Nichtumwandlungen eines befristeten Arbeitsvertrags in einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder ähnliche nachteiligen Maßnahmen gegen die hinweisgebende Person gerichtet werden. Wird gegen Hinweisgeber:innen im Zusammenhang mit ihrem schutzwürdigen Whistleblowing eine solche Maßnahme ergriffen, wird vom Gesetzgeber unterstellt, dass es sich hierbei um eine verbotene Repressalie für diese Meldung handelt.
Düsseldorf, 28.11.2023
Link:
Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz - HinSchG)