Das Wichtigste in Kürze:
- Ärzt:innen dürfen eine Behandlung nicht davon abhängig machen, ob Patient:innen kostenpflichtige Zusatzleistungen in Anspruch nehmen.
- Kassenpatient:innen, deren Augenärzt:innen so vorgehen, können sich über das unseriöse Handeln bei ihrer Krankenkasse beschweren.
Gesetzlich Krankenversicherte haben bei erforderlicher Behandlung des Grauen Stars einen Anspruch auf Kassenleistung. Grauer Star - auch Katarakt genannt - ist eine der häufigsten Augenkrankheiten im Alter, bei der sich die Augenlinse immer mehr trübt. Die allmähliche Erblindung kann nicht mit Medikamenten, sondern nur durch einen operativen Eingriff gestoppt werden.
Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen die sogenannte Katarakt-OP, bei der die trübe Augenlinse entfernt und durch eine neue, künstliche Linse (Monofokallinse) ersetzt wird. Die Krankenkassen übernehmen auch die Kosten für erforderliche Vor- und Nachuntersuchungen.
In unserem Online-Portal igel-ärger.de klagen Patient:innen jedoch immer wieder darüber, dass Augenärzt:innen die Operation des Grauen Stars nur in Kombination mit kostenpflichtigen Voruntersuchungen durchführen wollen und bei einem „Nein“ der Patient:innen den notwendigen Eingriff verweigern. Solche Angebote sind unseriös.
Bei einer erforderlichen Katarakt-Operation können Patient:innen auf eine kostenlose Vor- und Nachbehandlung pochen. Kostenpflichtige Extras sind freiwillig und können allenfalls das gesetzliche Angebot ergänzen. Folgende Hinweise helfen die Angebote von Augenärzt:innen für Grauen Star besser beurteilen zu können:
Rechtslage bei kostenpflichtigen Extras in der Praxis
Ärzt:innen mit Kassenzulassung verstoßen gegen ihre Berufspflichten, wenn sie gesetzlich Krankenversicherte zu Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) drängen und die erforderliche Behandlung von der Inanspruchnahme kostenpflichtiger Extras abhängig machen. Wer als Augenarzt oder Augenärztin über eine Kassenzulassung verfügt, muss die wesentlichen Leistungen, die die gesetzlichen Kassen übernehmen, in der Praxis anbieten.
Verfügen Augenärzt:innen zwar über eine Zulassung, aber nicht über die angemessene Apparatetechnik, müssen sie gesetzlich Krankenversicherte darauf hinweisen, dass sie die Kassenleistung auch bei einer anderen Arztpraxis ohne Zuzahlung erhalten, wenn diese über eine Zulassung und die erforderlichen Apparate für den Eingriff verfügt.
Tipp: Empfehlen Ärzt:innen kostspielige Sonderlinsen, z. B. sogenannte Multifokallinsen („Gleitsichtlinsen“) oder spezielle Linsen für Menschen mit Hornhautverkrümmung, ist es ratsam, eine zweite ärztliche Meinung einzuholen.
Biometrie des Auges
Um die passende Ersatz-Kunstlinse zu ermitteln, wird das Auge vor der chirurgischen Behandlung eines Grauen Stars genau vermessen. Diese Voruntersuchung zur OP wird in der Augenmedizin als Biometrie des Auges bezeichnet. Hierzu gibt es aktuell in der Augenmedizin verschiedene Untersuchungsverfahren: die Biometrie mit Ultraschall, die optische Biometrie mit dem IOL-Master (Lasertechnik) sowie die Optische Cohärenz-Tomografie (OCT).
Die Vermessung des Auges per Ultraschall zahlt die Krankenkasse. Weil bei diesem Verfahren eine Berührung des Auges notwendig ist, wird die Messung unter lokaler Betäubung durchgeführt. Berührungs- und betäubungsfrei erfolgen hingegen die optische Biometrie mittels Laserstrahl und die Optische Cohärenz-Tomografie. Die Anwendung dieser Methoden müssen Patient:innen jedoch aus eigener Tasche bezahlen.
Hilfe bei ärztlicher Ablehnung von Kassenleistungen
Krankenkassen übernehmen nach der Diagnose eines Grauen Stars sowohl die Kosten für die Operation und für das Einsetzen einer Standard-Linse, als auch die Kosten für die Vor- und Nachbehandlung. Falls Ärzt:innen Kassenleistungen bei Behandlung des Grauen Stars verweigern, kann die zuständige Krankenkasse helfen, die nächstgelegene Arztpraxis zu finden, die über die erforderlichen Apparate für eine Biometrie per Ultraschall verfügt und die notwendige Leistung erbringt.
Darüber hinaus können Patient:innen die Ablehnung von Ärzt:innen auch der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung in ihrem jeweiligen Bundesland melden. Die zuständige Berufsaufsicht geht disziplinarisch gegen Ärzt:innen vor, die gegen die geltenden Regeln verstoßen.