Mehrwegangebotspflicht für Essen und Getränke zum Mitnehmen

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Kaffeebecher, Menüschalen, Pizzakartons oder Nudelschalen: Der Müll-Trend für Essen und Getränke, die unterwegs konsumiert werden, ist ungebrochen. Eine neue gesetzliche Vorgabe soll die Vermeidung von To-Go-Plastikmüll seit Januar 2023 einfacher machen.
Frau unterwegs mit voller Tupperdose

Das Wichtigste in Kürze:

  • Verbraucher:innen haben seit Januar 2023 das Recht, Essen und Trinken zum Mitnehmen in Mehrwegbehältern zu erhalten.
  • Betriebe müssen Mehrweg vorhalten. Kleine Betriebe müssen mitgebrachte Gefäße akzeptieren.
  • Es werden unterschiedliche Systeme angeboten.
  • Nicht alle Materialien eignen sich für den Einsatz in Lebensmitteln.
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Was ist die Mehrwegangebotspflicht und warum gibt es sie?

Der Gesetzgeber will etwas gegen die Einwegflut tun, vor allem gegen Einwegplastik. Bereits im Juli 2021 wurden genau die Plastikprodukte und -verpackungen verboten, die man am häufigsten an europäischen Stränden findet. Seitdem dürfen zum Beispiel keine Styropor-Einwegbecher und -behälter mehr abgegeben werden. Auch Plastikteller und Besteck sind verboten. Dieser Müll sollte mit der gesetzlichen Vorgabe, die seit Januar 2023 gilt, noch weiter reduziert werden.

Seitdem gilt eine Mehrwegangebotspflicht für alle gastronomischen Betriebe, die Essen zum Sofort-Verzehr in Einwegplastik oder Einweg-Getränkebechern (unabhängig vom Material) anbieten. Ziel ist die Reduzierung des Abfallaufkommens durch Einwegverpackungen. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums entstehen dadurch täglich tonnenweise Müll. Wer Einweg-Getränkebecher anbietet, egal aus welchem Material, für den gilt die Mehrwegangebotspflicht ebenfalls. 

Caterer, Lieferdienste, Imbissbetriebe und Restaurants müssen dann Mehrwegbehälter als Alternative zu Plastik-Einwegbehältern für Essen und Getränke zum Mitnehmen und bei Anlieferung bereit halten. Diese dürfen nicht teurer sein als das Einweg-Angebot. Auch müssen für alle Angebotsgrößen entsprechende Mehrwegbehälter, zum Beispiel bei Kaffee zum Mitnehmen, zur Verfügung stehen. Die Betriebe dürfen die Mehrwegverpackung gegen Pfand ausgeben, das bei der Rückgabe zurückgezahlt wird.

Größere Gastronomiebetriebe, die Essen und Getränken zu Mitnehmen anbieten, müssen neben Einwegverpackungen aus Kunststoff oder mit einem Kunstoffanteil auch Mehrwegverpackungen anbieten. Kleine Betriebe mit maximal 5 Mitarbeiter:innen und maximal 80 Quadratmeter Ladenfläche (inklusive frei zugänglicher Sitz- und Aufenthaltsbereiche) sind von der Pflicht, selbst ein Angebot zu machen, ausgenommen. Sie müssen aber auf Wunsch Essen oder Getränke in mitgebrachte Behälter abfüllen. Zudem müssen alle Betriebe Verbraucher:innen auf das Mehrwegangebot hinweisen.

Welche Mehrwegsysteme gibt es und wie unterscheiden sie sich?

Größere Gastronomiebetriebe, die Einwegverpackungen aus Kunststoff oder Einwegbecher (unabhängig vom Material) nutzen, können folgende Mehrwegsysteme:

  • Lokale und überregionale Poolsysteme: Betriebe können mit einem Unternehmen zusammenarbeiten, das Mehrwegbehälter zur Verfügung stellt. ). Die Poolsysteme unterscheiden sich vor allem in der lokalen und überregionalen Verbreitung sowie bei der Pfanderstattung.
    Lokale Poolsysteme mehrerer Anbieter: Mehrere gastronomische Betriebe schaffen die gleichen Mehrweggefäße oder -becher an, zum Beispiel Bergischer Meer-Wertbecher. Sie können ihr benutztes Mehrweggeschirr bei unterschiedlichen lokalen Betrieben, die diese Mehrweglösung anbieten, gegen Erstattung des Pfandes zurückgeben oder neu befüllen lassen. 
    Überregionale Poolsysteme: Mehrere gastronomische Betriebe beziehen Mehrweggefäße oder -becher eines Unternehmens (Poolanbieters), das diese an die Betriebe gegen eine Gebühr verleiht. Sie können somit ihr benutztes Mehrweggeschirr bei unterschiedlichen Betrieben, die die Mehrwegoptionen anbieten, zurückgeben und sich den Pfandbetrag erstatten lassen. Dies ist auch überregional möglich.
    Variante Digitale Mehrwegpfandsysteme: Eine weitere Unterscheidung ergibt sich durch digitale Mehrwegsysteme von einigen Poolsystemen. Diese laufen über eine App, bei der Sie sich als Nutzer:in anmelden müssen. Bei der Ausgabe des Geschirrs von Betrieben, die dieses System nutzen, werden der QR-Code der Schale und der kundeneigene QR-Code über die App gescannt. Bei digitalen Mehrwegsystemen wird kein Pfand erhoben. Geben Sie allerdings das Gefäß nicht innerhalb einer bestimmten Zeit zurück, werden die Kosten für das Gefäß fällig. Sie liegen bei rund 10 Euro.
  • Betriebseigenes Mehrweg (Insellösung): Betriebe müssen sich keinem Poolsystem anschließen, um der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. Sie können Mehrwegbehälter zum Mitnehmen anschaffen und ein Pfand für das geliehene Geschirr erheben, das Sie bei Rückgabe erstattet bekommen.

Sie werden als Kund:innen allerdings keine Wahl zwischen den Mehrwegangeboten haben, denn Sie müssen das nutzen, was der Betrieb, in dem Sie ihr Essen oder ihren Coffee-to-go kaufen, vorhält. Die Pfandhöhe der Mehrwegsysteme ist dabei recht unterschiedlich. Bei Bechern rund 1 Euro pro Nutzung. Bei Gefäßen müssen Sie zwischen 4 bis 12 Euro hinterlegen.

Worauf sollte ich beim Material achten?

Die Verbraucherzentralen empfehlen Glas-, Porzellan- oder Edelstahlgefäße. Für unterwegs sind Edelstahlbecher, -flaschen und -dosen die erste Wahl, weil sie leicht, bruchfest, langlebig, geschmacksneutral und gut zu reinigen sind. Glas oder Porzellan ist aus Gesundheitssicht ebenfalls geeignet, aber relativ schwer und zerbrechlich.

Bei leichteren Mehrwegbehältern aus Kunststoff müssen Sie auf die Art des Kunststoff achten, zum Beispiel Mehrweggeschirr aus Melamin ist für heiße Lebensmittel und Getränke ungeeignet, da es häufig gesundheitsschädliches Melamin und Formaldehyd über dem gesetzlichen Grenzwert freisetzt. Ebenfalls ungeeignet ist Geschirr aus Polycarbonat, weil es Bisphenol A oder andere Bisphenole freisetzen kann. Wenn Sie sich für einen Behälter aus Kunststoff entscheiden, können Sie Mehrwegbehälter aus Polypropylen (PP) verwenden. Sie kommen ohne gesundheitsgefährdende Weichmacher aus.

Was sind die ökologischen Vorteile von Mehrweg?

Die Klimabilanz von Mehrweggefäßen ist verglichen mit Einwegverpackungen aus Kunststoff oder Aluminium in der Regel nach 10 bis 15 Umläufen positiv. Bei Mehrweg-Alternativen aus Edelstahl oder Glas sollten die Umlaufzahlen höher sein, da diese Materialien deutlich energieaufwändiger in der Herstellung sind. Allerdings ist Edelstahl auch sehr langlebig, so dass sehr hohe Umlaufzahlen möglich sind.

Um Ressourcen zu schonen und die Umwelt zu schützen, sollten Mehrweggefäße daher möglichst lange verwendet und effizient gereinigt werden. Damit es nicht zu unerwünschten Übergängen ins Lebensmittel kommt, sollten Sie jedoch zerkratzte und beschädigte Kunststoffgefäße aussortieren - auch, wenn sie noch nutzbar wären.

Es  gibt für Mehrweggefäßsysteme (Becher und Behälter) inzwischen die Auszeichnung mit dem Umweltzeichen "Blauer Engel", weil sie Abfall vermeiden und Ressourcen schonen. Die Anforderungen an das Material der Gefäße, die Systeme und auch die abfüllenden Betriebe sind hoch. Bestimmte Kunststoffe sind ausgeschlossen und es dürfen nur sortenreine Kunststoffe ohne Beschichtung verwendet werden. Die Gefäße müssen eine lange Verwendungsdauer aufweisen und mindestens 500 Spülzyklen aushalten. Des Weiteren muss ein Pfand auf Gefäße und Deckel erhoben werden und nach Ende der Lebensdauer müssen Gefäße aus Kunststoff recycelt werden.

Wer ist verantwortlich für die Hygiene?

Die Betriebe - ob Imbissbude oder Restaurant - tragen die Verantwortung für die angebotenen Lebensmittel bis zum Zeitpunkt der Abgabe. Für die hygienische Beschaffenheit und Eignung der Behälter, die Sie mitbringen, haften die Anbieter jedoch nicht. Wenn Sie Ihre eigenen Behälter zur Befüllung mitbringen, sind Sie für die Sauberkeit, das Material und deren generelle Eignung also selbst verantwortlich.

Betriebe müssen jedoch bestimmte Regeln der Lebensmittelhygiene beachten. So müssen Sie den Kontakt mit dem kundeneigenen Becher oder Gefäß so gering wie möglich halten. Die Behälter dürfen nur in einem dafür festgelegten Bereich der Theke abgestellt werden. Behälter mit zweifelhafter Eignung oder erkennbaren Verschmutzungen sollten nicht befüllt werden.

Gut zu wissen: Wenn Sie Gefäße gegen Pfand ausleihen, bringen Sie das benutzte Gefäß in ungereinigtem Zustand zurück. Eine zusätzliche Reinigung ist nicht notwendig und sollte, aus Sicht der Klimabilanz, vermeiden werden.

Ausführliche Informationen zur Hygiene von Coffee-to-go-Bechern, Mehrwegsystemen und kundeneigenen Behältern finden Sie in den Hygieneblättern des Deutschen Lebensmittelverbandes.

Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW zur Mehrwegpflicht

Wir begrüßen, dass mit der gesetzlichen Vorgabe, Mehrweg anzubieten, ein erster Schritt getan wurde, um die Mengen an Einweg-Kunststoffverpackungen einzudämmen. Wir kritisieren jedoch, dass sich das neue Gebot nur auf Einwegkunststoffgefäße bezieht und nicht auf alle Einwegmaterialien. Wer "nur" in Aluminium- oder Pappeinweg abfüllt, muss nichts ändern. Es gibt kein Einweg-Verbot, sondern ein Mehrweg-Gebot.

Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten erweist sich die Umsetzung leider als mangelhaft, wie eine Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW im Juni 2023 zeigt. Nicht einmal die Hälfte der aufgrund ihrer Größe dazu verpflichteten Betriebe stellte Mehrwegverpackungen zur Verfügung. Von diesen wiederum wies kaum mehr als die Hälfte auf einem Schild oder Aushang auf dieses Angebot hin - trotz entsprechender Hinweispflicht.

Dabei wäre die Bereitschaft seitens der Kund:innen durchaus vorhanden, wie eine zeitgleiche Umfrage zeigt: 44 Prozent der 1.000 Befragten aus NRW gaben im Juni 2023 an, sie würden öfter Mehrwegangebote für den Verzehr unterwegs nutzen, wenn es bessere Informationen und Hinweise an der Verkaufsstelle gäbe. 42 Prozent wünschten sich mehr Rückgabestellen, um die Nutzung von Mehrweggefäßen zu erleichtern.

Mehrwegangebote führen somit weiterhin ein Schattendasein - für Verbraucher:innen ist es weder leichter noch attraktiver geworden, umweltfreundliche Mehrwegalternativen zu nutzen.

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