Einige Strom- und Gasanbieter haben mitgeteilt, dass sie trotz laufender Vertragsverhältnisse die Belieferung einstellen werden. Was Sie in so einem Fall beachten sollten, erfahren Sie hier.
Sollte Ihr Anbieter die Belieferung stoppen, übernimmt der örtliche Grundversorger die Strom- oder Gaslieferung. Es erfolgt keine Versorgungsunterbrechung. Es fließt also immer Energie.
Der sogenannte Grundversorger ist immer das Unternehmen, das in einem bestimmten Netzgebiet die meisten Kunden:innen beliefert. Oft, aber nicht immer, sind das die örtlichen Stadtwerke. Den für Sie zuständigen Grundversorger können Sie bei Ihrem Netzbetreiber erfragen. Den Netzbetreiber finden Sie auf Ihrer Energierechnung. Ihren Grundversorger finden Sie auch schnell über eine Internetsuchmaschine, wenn Sie Ihre Postleitzahl in Verbindung mit Grundversorger eingeben. Für Strom und Gas kann es in einem Postleitzahlgebiet unterschiedliche Grundversorger geben.
Keine Kündigungsfrist bei Ersatzversorgung
Für Ihre Strom- und Gaslieferung gelten dann die Bedingungen der Grundversorgungsverordnung für Strom (StromGVV) beziehungsweise Gas (GasGVV). Das bedeutet unter anderem, dass Sie eine durch den Grundversorger vorgenommene Belieferung in der Ersatzversorgung fristlos kündigen und somit zügig in einen günstigeren Tarif wechseln können.
Die Ersatzversorgung sichert bei unklarer Versorgungslage die Versorgung vorübergehend für drei Monate. Sie greift, wenn Sie Strom oder Gas nutzen und diese Energieentnahme keinem bestimmten Vertrag bzw. Anbieter zugeordnet werden kann, was der Netzbetreiber aus seiner Sicht beurteilt. Andernfalls landen Sie in der Grundversorgung. Nach Ablauf von drei Monaten in der Ersatzversorgung werden Sie automatisch dem Grundversorgungstarif zugeordnet. Den Grundversorgungstarif können Sie jederzeit mit einer Frist von 2 Wochen kündigen.
Die Preise in der Grund- und Ersatzversorgungwaren in der Vergangenheit regelmäßig hoch. Derzeit sind aber Gaspreise beim Grundversorger oft günstiger als bei anderen Anbietern, was mit der Explosion der Gaspreise insbesondere an den Spotmärkten zu tun hat. –der kurzfristige Wechsel in einen sogenannten Sondervertrag des Grundversorgers kann unter Umständen Geld sparen. Darum sollten Sie schnell alternative Preise recherchieren.
Podcast: Das Wichtigste zum Nachhören
Was ist überhaupt eine Preiserhöhungsmitteilung? Wie muss ich reagieren? Was mache ich, wenn mein Energielieferant in Insolvenz geht? Und wie finde ich am besten einen neuen Anbieter?
Bei außergewöhnlich hohen Energiekosten stellen sich uns diesen Winter viele neue Fragen. Wir liefern die antworten.
Der Podcast ist im Rahmen eines vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geförderten Projekts entstanden.
Warum will mich mein Anbieter nicht mehr weiter beliefern?
Einer der Anbieter, die das Einstellen der Belieferung angekündigt haben, ist Immergrün. Der genaue Grund der angekündigten Belieferungseinstellung bleibt unklar. Die uns vorliegenden Mitteilungen der Anbieter enthalten für die Belieferungseinstellung keine Begründung. Auch wird vom Anbieter nicht ausdrücklich das Belieferungsverhältnis gekündigt.
Eine Kündigung kann in der Regel ausdrücklich oder stillschweigend erklärt werden. Der Wille zur Vertragsbeendigung muss aber hinreichend klar und zweifelsfrei zum Ausdruck kommen. Die Verwendung des Begriffs "Kündigung" ist nicht erforderlich. Wir halten die uns vorliegenden Erklärungen der Anbieter für Kündigungen, da der Wille zur Vertragsbeendigung hinreichend klar und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht wird. Grundsätzlich ist, unter Beachtung der jeweiligen Voraussetzungen, eine ordentliche Kündigung und eine außerordentliche Kündigung möglich.
Ordentliche Kündigung
Eine ordentliche Kündigung ist unter Beachtung der vereinbarten Vertragslaufzeiten zulässig. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Immergrün heißt es beispielsweise, dass die Vertragslaufzeit 12 Monate beträgt, wenn keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist. Dort ist auch geregelt, dass sich der Vertrag nach Ablauf der jeweiligen Vertragslaufzeit um jeweils 12 Monate verlängert, wenn er nicht von einer der Parteien mit einer Frist von 6 Wochen zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit formgerecht gekündigt wird und keine abweichende Vereinbarung vorliegt. Ob bei Ihnen eine ordentliche Kündigung erfolgt ist, können Sie unter Berücksichtigung der vereinbarten Vertragslaufzeit und Beachtung der Kündigungsfristen prüfen.
Außerordentliche Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung ist bei Energielieferverträgen immer möglich, allerdings muss ein wichtiger Grund vorliegen. Der wichtige Grund muss so erheblich sein, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages bis zum vereinbarten Ende oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dann kann der Vertrag auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vom Anbieter beendet werden.
Im Allgemeinen kann die außerordentliche Kündigung nur auf Gründe gestützt werden, die im Risikobereich der Gekündigten liegen. Selbst die Vermeidung eines Insolvenzverfahrens kann grundsätzlich keinen wichtigen Grund für die Kündigung darstellen. Generell ist das Insolvenzrisiko der Sphäre des Anbieters zuzuordnen und kann diesen also grundsätzlich nicht zur Kündigung berechtigen.
Einen wichtigen Grund, also einen Grund im Verantwortungsbereich der Verbraucher:innen, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, können wir in den uns vorliegenden Unterlagen nicht erkennen.
Schadensersatz
Eine unwirksame Kündigung verbunden mit einer Belieferungseinstellung kann zu einem Schadensersatzanspruch führen. Der Anbieter hat sich für einen bestimmten Zeitraum zu der Belieferung mit Energie vertraglich verpflichtet. Hält er seine vertragliche Verpflichtung nicht ein, indem er die Belieferung einstellt und auch nicht wirksam kündigt, liegt eine Vertragspflichtverletzung vor.
Entsteht durch die Vertragspflichtverletzung ein Schaden, dann besteht ein Anspruch auf Ausgleich des Schadens. Ein Schaden könnte dadurch entstehen, dass die Belieferung durch den Grundversorger oder auch durch einen anderen Anbieter nur zu einem höheren Preis als im ursprünglich vereinbarten Tarif möglich ist. Der Schaden ist dann die Differenz zwischen dem ursprünglich vereinbarten (niedrigeren) Preis und dem neuen (höheren) Preis der Belieferung. Die Differenz zwischen den Preisen erhöht solange den Schaden, bis der Anbieter nach den Vertragsbedingungen die nächste ordentliche Kündigungsmöglichkeit hätte. Auch ein vereinbarter Bonus, der eine bestimmte Belieferungszeit voraussetzt, die aufgrund einer Belieferungseinstellung nicht erreicht wird und aufgrund dessen nicht ausgezahlt wird, stellt einen Schaden dar.
Den etwaigen Schaden müssen Sie gegenüber dem Anbieter darlegen und Ausgleich einfordern.
Wie Ihnen Versorgerwechsel mitgeteilt werden und was Sie tun können