Das Wichtigste in Kürze:
- Die Wahrscheinlichkeit, dass Papptrinkhalme Schadstoffe enthalten ist groß wie gleich mehrere Untersuchungen zeigen. Außerdem können sie den Geschmack des Getränks beeinträchtigen.
- Falls Trinkhalme nötig sind, empfehlen wir solche aus dickem Glas (allerdings wegen der Bruchgefahr nicht für kleine Kinder) oder Edelstahl, die sorgfältig gespült werden sollten.
Das Schweizer Ergebnis: Die Hälfte der Trinkhalme veränderte den Geschmack des Getränks. Acht davon gaben Chlorpropanole über dem Richtwert der BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung)-Empfehlung an die Flüssigkeit ab. Chlorpropanole können in Papier und Pappe enthalten sein, in denen zur Nassverfestigung Epichlorhydrin basierte Harze eingesetzt wurden. Chlorpropanole können krebserregend wirken. Insgesamt wurden mehr als 80 Prozent der in der Schweiz untersuchten Papptrinkhalme wegen Geschmacksbeeinträchtigung und/oder Freisetzung von Chlorpropanolen oder Druckfarbenbestandteilen beanstandet.
Auch in der Stuttgarter Untersuchung wurden bei 6 von 13 Trinkhalmen Werte für Chlorpropanole gemessen, die über dem Richtwert der BfR-Empfehlungen lagen. Die Trinkhalme mit den höchsten Übergängen wurden in Asien hergestellt.
Eine gemeinsame Studie mehrerer europäischer Verbraucherverbände ergab ebenfalls, dass ein Teil der untersuchten Papptrinkhalme krebserzeugende Chlorpropanole in Mengen enthielt, die die Empfehlungen des Bundesinstitutes für Risikobewertung überschritten.
In einer amerikanischen Studie von 2021 wurden Trinkhalme (5 aus Plastik, 29 aus Papier, 9 auf anderer pflanzlicher Basis), die über Amazon bestellt wurden, auf das Vorhandensein bestimmter PFAS (Perfluoralkylsubstanzen, auch „Ewigkeitschemikalien“ genannt) untersucht. 36 der 38 untersuchten pflanzenbasierten Trinkhalme gaben mittelflüchtige Fluorchemikalien ab, die eigentlich nicht zur Imprägnierung von Papier verwendet werden und möglicherweise nicht absichtlich eingesetzt wurden. Auch ein Übergang der Fluorchemikalien in Wasser konnte nachgewiesen werden.
In einer belgischen Studie von 2023 wurden 39 Trinkhalme aus Pappe, Bambus, Glas, Edelstahl und Plastik auf PFAS untersucht. PFAS waren in Trinkhalmen aller Materialien nachweisbar, außer in Edelstahl-Trinkhalmen. Die Ewigkeitschemikalien wurden aber vor allem in Trinkhalmen aus pflanzenbasierten Materialien nachgewiesen.
In einer spanischen Untersuchung des Chemikalienübergangs von bedruckten Papp-Strohhalmen in Sprudelwasser wurden Photoinitiatoren, ein Farbstoff, ein krebserzeugendes aromatisches Amin und hormonsystemschädigende Phthalatweichmacher nachgewiesen.
Für Lebensmittelkontaktmaterialien aus Papier und Pappe gibt es auf EU-Ebene anders als für Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff keine spezielle gesetzliche Regelung, d.h. es fehlen hier materialspezifische Regelungen und Grenzwerte. So fielen Lebensmittelkontaktmaterialien aus Papier und Pappe bei chemischen Untersuchungen immer wieder durch Belastung mit Schadstoffen wie Chlorpropanolen, Mineralölen, Druckfarbenbestandteilen oder Organofluorverbindungen (PFAS) auf.
Durch das Einweg-Plastik-Verbot kommen vermehrt Papptrinkhalme zum Einsatz. Dabei zeigt sich, dass es keine Lösung ist, Plastikverpackungen jetzt einfach durch Papier und Pappe zu ersetzen. Einwegprodukte sind außerdem nicht ressourcenschonend – auch nicht, wenn sie aus Papier sind.
Fazit: Trinkhalme sind in den meisten Fällen schlicht überflüssig. Wer aber gerne aus dem Halm trinkt, greift aus Gesundheits- und Umweltschutzsicht besser zu spülbaren Trinkhalmen aus Glas oder Edelstahl. Im Restaurant empfiehlt es sich, bei der Bestellung vorbeugend darauf hinzuweisen, dass man keine Papptrinkhalme im Getränk möchte.
Quellen:
- Spanische Untersuchung zu bedruckten Papp-Trinkhalmen
- Belgische Untersuchung zu PFAS in Trinkhalmen
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: „Übergänge von Chlorpropanolen (3-MCPD, 1,3-DCP) aus Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Papier“
- CVUA MEL "Trinkhalme aus Papier - ein bunter Chlorpropanol-Cocktail"
- Studie zu PFAS in biologisch abbaubaren Trinkhalmen
- Untersuchungen des Kantonalen Untersuchungsabors St. Gallen
- Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Stuttgart
- Untersuchungen des europäischen Verbraucherverbandes BEUC
- Freisetzung von Chlorpropanolen durch Lebensmittelkontaktmaterialien aus Papier
- Stellungnahme des BfR zu Trinkhalmalternativen
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